In Weinfreak-Kreisen wird gerne über Industrieweine geklagt, und über solche, die aus rein kommerziellen Interessen viel zu schnell und viel zu früh auf den Markt geworfen werden.
Ich bin ja der Meinung, dass die mitunter „langsamer“ Wein genannten Gegenbeispiele gar nicht so selten sind, ihre Entstehungsgeschichte aber von den Produzenten (weil für eine Selbstverständlichkeit ihres anständigen Berufsverständnisses gehalten) oft einfach nicht so prominent kommuniziert wird.
Um das in unserem Fall ausnahmsweise zu ändern, folgt hier anlässlich seiner Abfüllung vor ein paar Tagen der einigermaßen minimalistische Kellerbucheintrag unseres Pinot blanc 2009 (mit erläuternden Ergänzungen in heller Schrift):
Faß 878l
PB 2009 – Wieser alt – +18,5°KMW
gelesen am 18. 9., bedeckt, trocken, mild; 3 Boxen +150 kg (d.h. ca. 5500kg/ha); gerebelt, kein SO2
ca. 5 Std. Maischestandzeit bei ca. 19°C; 150 g/hl Canaton (Mostbentonit), entschleimt
Dichte 1090; 19°C; pH 3,34; Säure 7,0 g/l; EC 1118 (ein zurückhaltend agierender Reinzuchthefestamm) bewußt schwach dosiert
vollgefüllt mit Neuburger 2009 (+18°KMW, ungeschwefelt) am 6. 10.
50 mg SO2 (deutlich CO2 trotz Dichte 991-990) (was auf einen spontan beginnenden, aber nicht gewünschten Säureabbau hindeutete), nicht gemischt am 8. 10.
+20 mg SO2 (nicht gemischt) am 31. 10.
gezogen (von der Hefe) und retour, mit PB Wald unten vollgemacht am 10. 11.
34 mg SO2 bestimmt am 1. 12.
28 mg SO2 bestimmt +15 mg SO2, nicht gemischt am 1. 3.
eiweißstabil, 5,8 g/l Säure (Lagerhaus Eisenstadt) am 25. 3.
40 mg SO2 bestimmt am 19. 4.
K150-Filtration (um den von allein schon ziemlich klaren Wein auf die Abfüllung vorzubereiten) in Transporttank am 3. 5.
41mg SO2 bestimmt, +5 mg SO2, so gefüllt am 4. 5. (dabei erfolgte in unserer gemeinschaftlichen Abfüllanlage eine Sterilfiltration über Membrane)
Über die Gärung selbst sagt meine Dichtekurve, dass diese zwischen 19. und 20. 9. begonnen und zeitweise moderat gekühlt bei Temperaturen zwischen knapp 18 und knapp 21°C bis 4. 10. gedauert hat.
Kurz zusammengefaßt kann man also sagen, dass unser Pinot blanc 2009 in den fast acht Monaten zwischen dem Einfüllen des Traubenmostes in das Faß und dem Tag vor der Abfüllung genau einmal beim Abziehen von der Hefe bewegt wurde.
Die anderen Einträge dokumentieren fast ausschließlich die notwendige begleitende Kontrolle bzw. Ergänzung des SO2-Spiegels (während unsere zahllosen Verkostungen nicht notiert wurden).
Obwohl die Füllung angesichts der weitgehenden Selbstklärung seit dem Abzug von der Hefe sehr schonend verlaufen ist, darf sich der Wein jetzt noch einige Wochen in der Flasche erholen. Streßfreier geht´s kaum…