Von der Traube zum Weißwein, Teil 9

Filtration: Wann, wie und warum?

Fast alle Weißweine werden heutzutage je nach Entwicklung und angestrebtem Weinstil während ihrer Faßreife und/oder vor der Abfüllung filtriert. Vor der Erfindung des Schichtenfilters  1913 bzw. dessen Verbreitung auch in kleineren Weinkellern ab den 1950er-Jahren wurden Weißweine durch mehrmaliges Abziehen von den Trubstoffen und eine Klärschönung mit Hausenblase von den sichtbaren Trubstoffen befreit.

Der Begriff „Schönung“ stammt auch ursprünglich von der optischen Verschönerung des Weines. Heute können Weine mit verschiedenen Schönungsmitteln nicht nur geklärt sondern auch stabilisiert oder Weinfehler repariert werden. Wie alle Schönungsmittel wird auch die Hausenblase nach dem Absetzen vollständig aus dem Wein entfernt.

Blanke, trubstofffreie Weine sind nicht nur schöner anzusehen, sondern auch stabiler und weniger anfällig für negative Veränderungen in der Flasche. Aus diesem Grund wird nur bei wenigen Weinen auf eine Filtration verzichtet.

Bei vollständig durchgegorenen Weinen mit hohem Alkoholgehalt, die einen biologischen Säureabbau absolviert haben und bis zur weitgehenden Stabilität im Faß reifen konnten ist das Risiko für mikrobiologische und andere Fehlentwicklungen in der Flasche relativ gering. Gelegentlich werden solche, meist im Barrique ausgebaute Weine tatsächlich ohne Filtration abgefüllt.

Jede Filtration stört den Wein kurzfristig in seiner Entwicklung. Je kräftiger und extraktreicher ein Wein ist, umso länger dauert es, bis er nach einer Filtration wieder dort anschließen kann, wo er in Sachen Harmonie und Ausdruckskraft unmittelbar vor der Filtration war. Manche Kellermeister und Weinliebhaber sind sogar der Ansicht, daß einzelne Elemente des Weines bei der Filtration unwiederbringlich verloren gehen. Auch wenn diese These in der Praxis nicht unbedingt nachzuvollziehen ist, sollte das Motto für die Filtration (wie für alle Manipulationen im Keller) lauten: So viel (und so fein) wie nötig, aber so wenig (und so grob) wie möglich.

Weine mit niedrigem Alkoholgehalt und Restzucker können nur durch eine sehr feine Filtration, die alle Mikroorganismen aus dem Wein entfernt stabil gemacht werden. Ohne Sterilfiltration (auch EK-, sprich Entkeimungsfiltration genannt), Lagerung in keimfreien Tanks und sterile Abfüllung in sterile Flaschen würden Hefezellen und Bakterien bei passender Gelegenheit eine Nachgärung in der Flasche oder andere Fehlentwicklungen beginnen. Auch eine innerhalb der gesetzlichen Grenzwerte höhere SO2-Dosierung kann dies nicht dauerhaft verhindern, da SO2 in den erlaubten Mengen Mikroorganismen nur mehr oder weniger stark hemmt, nich aber wie ein Konservierungsmittel abtötet.

Völlig durchgegorene Weißweine kommen zwar auch fast immer steril in Flaschen, während der Faßreife werden sie allerdings meist nur klar- nicht aber steril filtriert. Dieser Ablauf ist meist für den Wein schonender, da er nicht in einem Schritt vom milchig-trüben Jungwein zum keimfreien, abfüllfertigen Wein gequält wird. Läßt man den Weinen länger Zeit, sich selbst zu klären und sich zu entwickeln braucht es nämlich meist deutlich weniger Druck und Filterhilfsmittel, um den gleichen Effekt zu erreichen.

Kieselgurfiltration

Der Kieselgurfilter ist ein leistungsfähiges und zugleich relativ schonendes Gerät, um trübe Jungweine klar, aber nicht völlig keimfrei zu machen. Seine spezielle Funktionsweise verringert nämlich das typische Problem jeder Filtration, das Verstopfen der Poren.

Jeder Filter beruht auf einer Art Siebwirkung, die die Trubstoffe oberflächlich auffängt. Manche Methoden haben außerdem eine sogenannte Tiefenwirkung. Das bedeutet, daß feinere Trubteilchen, die durch das „Sieb“ der Oberfläche geschwemmt wurden im Inneren der Filterschichte festgehalten werden. Enthält ein Wein sehr viele Trubstoffe und sind die Poren des ausgewählten Filters zu klein, verkleben sich diese sehr rasch. Dadurch steigt nicht nur der Druck, der notwendig ist, um den Wein durch das Filtrationsmedium zu pressen (was weniger schonend ist), sondern auch der Zeit- und Filtrationsmittelaufwand (was teuer und mühsam ist).

Beim Kieselgurfilter bringt jeder Tropfen Wein, der zur Filtrationsfläche kommt sein eigenes Filterhilfsmittel mit. Dadurch entstehen laufend neue Poren, die die bereits verstopften eine gewisse Zeit lang ersetzen können. Zu diesem Zweck wird dem Wein im Gerät kontinuierlich eine kleine Menge Kieselgur beigemischt. Kieselgur besteht aus den Schalen fossiler Kieselalgen und ist völlig geschmacksneutral. Es wird vor Beginn der Filtration mit Wein an ein feines Stahlsieb angeschwemmt, bis eine Filterschicht entsteht. Während des Filterprozesses wird diese Schicht laufend dicker.

Mit dieser Methode werden die meisten Weißweine während ihrer Reifung filtriert. Nach einer sorgfältigen Kieselgurfiltration läßt sich der Wein bei der Abfüllung mit anderen Methoden relativ leicht und schonend keimfrei filtern.

Schichtenfiltration

Der Schichtenfilter ist ein „Klassiker“ und in praktisch jedem Keller zu finden. Er ist relativ günstig in der Anschaffung, einfach zu bedienen und universell einsetzbar. Seine Leistungsfähigkeit bei optisch trüben Weinen ist aber deutlich geringer als die des Kieselgurfilters.

Wie der Name vermuten läßt, wird der Wein bei dieser Methode durch Schichten aus Zellulose gepreßt, die als etwa 5mm dicke Platten in das Gerät eingespannt werden. Je nach verwendeten Filterschichten reicht die Filtrationsqualität von grober Vorfiltration bis zur Sterilfiltration. Um trübe Jungweine ausschließlich mit dem Schichtenfilter keimfrei zu machen, sind mehrere Durchgänge mit immer feineren Zelluloseplatten erforderlich. Gut kieselgurfiltrierte Weine können hingegen mit dem Schichtenfilter in einem Arbeitsgang sterilfiltriert werden.

Anders als Kieselgur sind Zelluloseplatten nicht geschmacksneutral. Aus diesem Grund müssen die Filterschichten unmittelbar vor der Verwendung etwa 20 Minuten gewässert werden, bis das langsam durch den Filter fließende Wasser den Geschmack nach Pappe vollständig aus den Schichten gespült hat. Erst danach kann mit der Filtration begonnen werden. Der Wein drückt dabei das verbliebene Wasser aus dem Gerät und durch Verkosten stellt der Kellermeister die Menge an Wasser-Wein-Gemisch fest, die verworfen werden muß.

Schichtenfilter werden häufig zur Vorfiltration von Kleinmengen und fast immer zur Entkeimungsfiltration vor der Abfüllung verwendet.

Membranfiltration

Membranfilter sind am besten als mikroskopisch feine, exakte Kunststoffsiebe zu beschreiben, die den Wein ungehindert passieren lassen, Trubstoffe jedoch nicht. Aufgrund ihrer Funktionsweise ist diese Methode nicht für ausgesprochen trübe Weine geeignet und findet daher vor allem als Sterilfilter vor oder bei der Abfüllung Verwendung, der mikroskopisch kleine Trubteilchen und Mikroorganismen aus optisch klaren Weinen entfernt.

Membranfilter sind bei unsachgemäßer Verwendung (zu trüber Wein, zu schlechte Vorfiltration, zu kleine Porengröße der Membran) noch rascher blockiert als Schichtenfilter, da sie nur eine Oberflächenwirkung und keine Tiefenwirkung haben. Dafür können aber verstopfte Filterporen – anders als beim Schichtenfilter – in gewissem Umfang durch eine kurzzeitige Änderung der Durchflußrichtung freigespült werden. Dabei drückt der filtrierte Wein von der „sauberen“ Seite des Filters aus die Trubteilchen aus den Poren und bringt damit die verlorengegangene Filterleistung zumindest für kurze Zeit wieder zurück.

Während Kieselgur und Filterschichten nach einmaliger Verwendung entsorgt (kompostiert) werden müssen, hat eine Filtermembran bei guter Reinigung und Pflege eine relativ lange Lebensdauer.

 

6 Gedanken zu „Von der Traube zum Weißwein, Teil 9“

  1. Hallo Bernhard,

    Ich habe deinen Bericht über die Weinfiltration gelesen und wollte dich fragen, wo man diese Sterielfilter bekommt und wie viel so ein Filter kostet.

    Vielen Dank für deine Auskunft

    Gruss
    Ronny

  2. Hallo Ronny!

    Filter aller Bauarten erhält man im Kellereimaschinenhandel oder direkt beim Hersteller. Bezugsquellen für die Schweiz sollten sich via Google finden lassen, falls nicht habe ich auf die Schnelle folgende Herstellerwebsites gefunden:

    http://www.seitzschenk.de/index0.html

    http://www.dellatoffola.it/products/wine-making/filtering

    Auf der Intervitis-Messe Ende April in Stuttgart gibt es davon sicher jede Menge zu sehen und jede Menge Bezugsquellen auch für die Schweiz zu finden. Infos zur Messe gibt es hier:

    http://www.messe-stuttgart.de/intervitis/

    Mit der Suchfunktion der Ausstellerdatenbank findet man eine Vielzahl von Herstellern, die sicher gerne über ihre Schweizer Vertriebspartner informieren.

    Gebrauchte Geräte gibt es natürlich auch immer wieder zu kaufen. Quellen dafür sind sicherlich etwas schwieriger zu recherchieren.

    Der Preis eines Filters hängt natürlich stark von dessen Leistung und dem Verfahren ab. Schichtenfilter und Membranfilter sind in der Anschaffung relativ günstig (ich schätze das es für kleinere Hobby-Winzer-Geräte bei unter 1000 Euro losgeht), die Filtereinsätze (Schichten bzw. Membranmodule sind dafür relativ teuer.

    Kieselgurfilter sind in der Anschaffung relativ teuer (einige 1000 Euro), es gibt sie auch nicht in ganz kleinen Größen aber dafür ist das Filtermittel (die Kieselgur) relativ preisgünstig.

    Genauere Angaben sind sicher von den diversen Bezugsquellen zu erfahren.

    Grüße

    Bernhard

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