Heute ist wieder einmal Weinrallye-Tag, und alle deutschsprachigen Genussblogger die Lust dazu haben beschäftigen sich heute auf Vorschlag des Drunkenmonday Wein Blog it dem Thema 5 Euro – die Grenze des guten Geschmacks?.
Blogger Nico Medenbach greift damit die alte Diskussion auf, ob unter 5 Euro anständiger Wein produziert werden kann und will mit dieser Etappe der Weinrallye jedem Teilnehmer die Möglichkeit bieten zu zeigen, ob (und wo) es “guten Wein” unter 5 Euro € gibt.
Da das „ob“ für mich außer Frage steht, und das „wo“ mit zwei eigenen Weinen deutlich unter der Grenze und einem nur knapp darüber ebenfalls klar ist, möchte ich mich in meinem Beitrag vorwiegend dem „wie“ widmen:
Günstige Preise entstehen im Weingarten,…
Unser Grüner Veltliner und der Zweigelt Rosé sind Qualitätsweine in der 0,75l-Flasche und kosten ab Hof 4,20 Euro. Dabei werden wir natürlich nicht reich, aber beide tragen sicher einen Teil zu unserem Einkommen bei (auch wenn wir das nie bis ins letzte durchgerechnet haben) und wir finden es wichtig und richtig, den Einstieg in den Qualitätsweinbereich relativ niedrig zu halten. Nicht zuletzt, um zu zeigen, das Wein auch für Normalverdiener nicht nur an Feiertagen stattfinden soll, sondern alltäglich sein kann.
Um das möglich zu machen ist das Kostenargument natürlich zwangsläufig in allen Bereichen der Produktion präsent. Trotzdem unterscheidet sich die Arbeit im Weingarten aber nur in Teilbereichen von den anderen Weinen. Rebschnitt, Bodenbearbeitung, Pflanzenschutz und Handlese erfolgen mit dem gleichen Aufwand und der gleichen Sorgfalt wie bei unseren teuersten Weinen.
Natürlich kommt uns zugute, dass wir vergleichsweise einfach zu bewirtschaftende Weingärten haben, die hügelig genug sind, um vom Klima des Neusiedlersees optimal profitieren zu können, aber flach genug, um vieles maschinell erledigen zu können, was Steillagenwinzer von Hand tun müssen. Auch sind alle unsere Weingärten so angelegt (v.a. bezüglich Pflanzweite und Erziehungssystem), dass sie hochwertige Trauben bei vertretbarem Pflegeaufwand ermöglichen.
Kleine Unterschiede zwischen den teuren und den günstigeren Weinen gibt es zum Beispiel bei der Intensität der Laubarbeit. Für erstere gehen wir meist einmal öfter durch die Reihen, um die Triebe zu positionieren und entfernen bei den Rotweinsorten Blätter im Bereich der Traubenzone. Bei Veltliner und Rosé sparen wir uns das, weniger allerdings aus Kostengründen, sondern vor allem, weil ein wenig mehr Schatten den Trauben für leichte, fruchtig-frische Weine durchaus guttut.
Es bleibt uns also eigentlich nur ein Bereich, der wirklich hilft, die Kosten niedrig zu halten: Der Ertrag! Während wir beim Cabernet Sauvignon meist unter 2000 Liter pro Hektar ernten und beim klassischen Blaufränkisch, bei Chardonnay und Weißburgunder um die 3000 bis 5000 Liter, sind es insbesondere beim Grünen Veltliner nicht selten um die 7000. Dabei sparen wir uns außerdem das enorm arbeitsintensive Ausdünnen der Trauben, ein weiterer nicht zu unterschätzender Kostenfaktor.
Natürlich sind auf diesem Level keine körperreichen und besonders lagerfähigen Weine voll Komplexität zu erreichen (und für Rotwein wird es damit in unserem Klima überhaupt schwer). Wenn man Qualität aber nicht über Alkoholprozente definiert, sondern (auch) über Frische, Frucht und Lebendigkeit (die bei manchen Anlässen mehr wiegen als Dichte und Vielschichtigkeit), dann sind unsere beiden Vertreter Qualitätsweine im besten Sinn. Zumal auch 7000 Liter pro Hektar bei gut gepflegten, leistungsfähigen Reben weit weg von echter Massenproduktion sind.
…weniger im Keller,…
Bei der Verarbeitung der Trauben folgen wir in allen Bereichen dem Prinzip der Minimalbehandlung. Das schont nicht nur die Weine, sondern auch unsere Geldbörse. Pressung, Entschleimen, Gärung, längere Hefelagerung, Filtration, Stabilisation und Abfüllung verursachen daher bei den günstigen Weinen praktisch die gleichen Kosten wie bei den teureren.
Unterschiede gibt es lediglich zu den kräftigeren Rotweinen, die länger im Faß reifen (was Platz kostet und Kapital bindet) und häufig in mehr oder weniger neuen Barriques liegen (die pro Flasche mit rund einen Euro zu Buche schlagen).
…dafür aber auch in Ausstattung und Vertrieb
Kosten sparen kann man jedoch bei der Ausstattung. Leichtere Flaschen (die wir allerdings bei allen Weinen verwenden) sind ein nicht zu unterschätzender Faktor (und bringen mehr als der Umstieg von Kork- auf Schraubverschluss bei gleich schweren Flaschen). Außerdem halbiert der Verzicht auf ein Rücketikett unsere Druckereiausgaben ebenso, wie das standardmäßige Verpacken von Veltliner und Rosé in 12er- statt 6er-Kartons. Beides bringt zwar keine großen Beträge, aber in Summe sind es schnell einmal 10 oder 20 Cent, die helfen, unseren Preis zu halten.
Große Handelsspannen sind trotz unseres Kostenbewußtseins bei den beiden Weinen aber natürlich nicht drin. Weil wir uns selber aber bei diesen Weinen (in der Hoffnung, dass die Kunden zusätzlich auch höherpreisigere kaufen) eher mit einem kleinen Deckungsbeitrag zufrieden geben, als mögliche Vertriebspartner, vermarkten wir diese beiden Weine praktisch nur ab Hof bzw. per Versand oder Eigenzustellung.
Ist der Vertriebspartner jedoch potent genug, auch größere Mengen zu vermarkten, kann man selbst bei diesem Preisniveau mit dem Handel zusammenarbeiten. Das zeigt nicht zuletzt unser Muskat Ottonel, der mit 5,20 Euro knapp über der Weinrallye-Obergrenze liegt, dafür aber als launische Sorte ein wesentlich größeres Ertragsrisiko mit sich bringt. Seit vielen Jahren steht er praktisch zum Ab-Hof-Preis in über hundert Filialen der Tiroler LEH-Kette M-Preis.
Sehr interessant zu lesen. Wirklich spannend, dass bspw. das Rückenetikett schon deutlich den Preis anheben lassen kann. Für mich als Laie ein sehr interessanter Beitrag. Danke für’s Mitmachen.
Hallo Bernhard!
Ein äußerst interessanter Beitrag über die Preisgestaltung
von Qualitätsweinen. Nicht außer Acht lassen sollte man jedoch auch den Preiszuschlag den so mancher „Promi-Winzer“ aufgrund seines Namens und Image in die Kalkulation einfließen lässt und so daher manchmal Flaschenpreise zu Stande kommen, die für einen rein auf den eigenen Geschmack bezogenen Konsumenten nicht leicht nachvollziehbar sind.
Liebe Grüße Wolfgang
P.S. Ich bin ein kleiner Hobbywinzer aus dem Mühlviertel, und möchte mich einmal recht herzlich für deine informativen und für mich sehr lehrreichen Beiträge recht herzlich bedanken! (Allererste Pflichtlektüre im Netz!)
Danke für die Komplimente Julia und Wolfgang!
@Julia: In Großbetrieben spielt das Etikett eine verschwindend kleine Rolle, aber bei den Stückzahlen, die wir benötigen sind die Kosten schon spürbar. Alternativ wäre es auch möglich (und wird von vielen praktiziert) z.B. das Vorderetikett zwar mit Sorten- aber ohne Jahrgangsangabe zu drucken und die genauen Angaben auf dem hinteren Etikett. Dann kann man das Vorderetikett für mehrere Jahre vorproduzieren lassen und es kommt wegen der größeren Auflage merkbar billiger.
Oder man schafft sich einen Thermotransferdrucker an und druckt nachträglich selbst Sorte, Jahrgang, etc. in vorproduzierte Einheitsbetriebsetiketten mit großer Auflage ein.
@Wolfgang: Natürlich haben bekannte(re) Winzer höhere Aufschläge, aber man muß fairerweise auch sagen, dass ein Teil davon für den höheren Vertriebsaufwand benötigt wird. Die sind nämlich häufig sehr breit gelistet und der Konsument zahlt natürlich in irgend einer Form auch dafür, dass es die Weine fast überall zu kaufen gibt. Der prominente Name kommt natürlich auch nicht von ungefähr, sondern von zeit- und kostenaufwendiger Werbe- und PR-Arbeit.
Unbekanntere Winzer bieten häufig das bessere Preis-Genuss-Verhältnis, dafür sind sie halt nicht so bequem zu finden. Man muß sich mehr auf seine eigenen Verkostungserfahrungen verlassen (anstatt über zahlreiche Medien Infos zur Qualität der Weine zu erhalten) und man muß sie eher suchen, weil sie nicht so omnipräsent sind.
Hallo Bernhard,
danke für diesen interessanten und informativen Beitrag. Werde hier künftig öfter vorbeischaun.
Liebe Grüße aus Österreich;)
Freut mich, Tobias.
Ich habe mir übrigens erlaubt, den zweiten, wortgleichen Kommentar zu löschen.
Herzliche Grüße
Bernhard