Wie man diesem Artikel der Tageszeitung Kurier entnehmen kann, gärt es in der Wachau offenbar nicht nur in den Weinkellern, sondern auch in der Winzerschaft.
Einem nach Kritik am Vorstand aus dem Gebietsschutzverein „Vinea Wachau“ ausgeschlossenen Weinbauern wurde (zumindest vorläufig) vom Gericht trotz Klage des Vereines nicht untersagt, die Markennamen der Vinea Wachau weiterzuverwenden.
Während die einen (z.B. in diesem Kommentar bei drunkenmonday) damit schon das Ende des Monopols der Gebietsvereinigung auf „Steinfeder“, „Federspiel“ und „Smaragd“ kommen sehen, versuchen die anderen jetzt (z.B. in Form dieser Presseaussendung) die Angelegenheit herunterzuspielen.
Das ist durchaus verständlich, denn auch wenn die Sache auf den ersten Blick vielleicht nur nach einer belanglosen juristischen Spitzfindigkeit aussieht, steckt wesentlich mehr dahinter.
Wer darf die Interessen eines Weinbaugebietes vertreten?
Winzervereinigungen gibt es in Österreich (fast) so viele wie Sand am Meer, und gar nicht so wenige von ihnen haben es sich zur Aufgabe gemacht, gemeinsame Weinmarken zu etablieren.
Da diese Kooperationen fast immer als Vereine oder privatwirtschaftliche Gesellschaftsformen organisiert sind, steht es ihnen frei, über Aufnahme und Ausschluß von Mitgliedern und die Verwendung der eigenen Marke zu entscheiden.
Dagegen ist natürlich grundsätzlich überhaupt nichts einzuwenden. Schwierig wird es allerdings dann, wenn eine solche Privatorganisation als Vertretung eines ganzen Weinbaugebietes auftritt und/oder wahrgenommen wird.
Daraus ergeben sich nämlich fast zwangsläufig Konflikte zwischen den Winzern in- und außerhalb des Verbandes. Zwischen privaten Vereinsstrukturen und öffentlich-rechtlichen Aspekten der Weinbaupolitik.
Im Fall der Wachau äußern sich diese z.B. darin, dass die Weinmarken des Privatvereines „Vinea Wachau“ bereits im Einleitungstext der Gebietsbeschreibung auf der Homepage der heimischen Weinwerbung erwähnt werden und es heißt, diese stünden „für die Naturbelassenheit der Wachauer Weine“.
Womit auch jene Wachauer Winzer, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht Mitglieder des Vereines sind, für die Bewerbung der privaten Weinmarken ihrer unmittelbaren Konkurrenten Mitbewerber Kollegen mitbezahlen. Die Finanzierung der ÖWM erfolgt nämlich durch Pflichtbeiträge aller Winzer und öffentliche Gelder der weinbautreibenden Bundesländer.
Selbstverständlich kann man dem Wachauer Gebietsverein nicht vorwerfen, seine Markennamen so erfolgreich etabliert zu haben, dass manche glauben, es handelt sich dabei um Qualitätskategorien des österreichischen Weingesetzes. Und dass die Weinwerbung der Meinung ist, dem Rechnung tragen zu müssen.
Bei allem Erfolg sollte man aber nicht vergessen, über die eigene Legitimation nachzudenken, zumal das österreichische Weingesetz dafür durchaus brauchbare Möglichkeiten bietet.
So gibt es bereits in zahlreichen Weinbaugebieten sogenannte interprofessionelle Komitees als juristisch legitimierte Vertretung eines Weinbaugebietes. Deren Mitglieder werden zwar auch nicht von allen Winzern eines Gebietes basisdemokratisch gewählt, aber immerhin in breiter Abstimmung mit Vertretern von Weinbauern, Handel, Weinbauvereinen, Kammern, etc. ernannt.
Ihre Hauptaufgabe besteht in Österreich derzeit darin, gebietstypische Weinstile zu definieren, die dann als DAC-Weine wiederum durch das Weingesetz gedeckt als Aushängeschilder einer Region gelten.
Die Vermarktung dieser Weine steht allen Produzenten offen, die die Richtlinien erfüllen. Selbst dann, wenn sie sich gelegentlich kritisch äußern.
Diese Analyse ist sachlich und zeigt die Sachfragen nüchtern auf.
Ich darf zwei Punkte ergänzen.
Die Vinea hat
2005 EU Gelder aus Regionalförderungsmittel, die für die gesamte Weinbauregion Wachau bestimmt waren, für die „Schärfung des Wachauer Markenprofils“ im Interesse der gesamten Wachauer Winzerschaft in Anspruch genommen. Allein daraus resultiert neben zahlreichen anderen Gründen die Verpflichtung zur Öffnung der Marken zugunsten
der Wachauer Winzerschaft.Steuergelder sind ja nicht da die Interessen von monopolartig agierenden privaten Vereinigungen zu unterstützen.
Die Vinea hat ein Regelwerk namens „Codex Wachau“ erlassen. Dies ist einmalig. Sie tritt de facto wie ein Gesetzgeber für eine ganze Weinbauregion auf. Auch aus dieser Selbstberühmung resultiert die Verpflichtung
zu Gleichbehandlung der Wachauer Winzerschaft im Bezug auf die Kategorien.
Gottfried Thiery ist Anwalt des von der „Vinea Wachau“ ausgeschlossenen und verklagten Winzers.