Ein Winzerkollege und das geistige Eigentum

Wenn man viel schreibt (oder fotografiert), ist man es heutzutage ja gewohnt, daß der Begriff des geistigen Eigentums bzw. des Urheberrechtes für viele ein Fremdwort darstellt. Auch der deutsche Winzerblogger-Kollege berichtet immer wieder (z.B. hier) von der unberechtigten Verwendung seiner Fotos und hat sich dafür eine nette Strafe ausgedacht.

Nicht das ich noch nie die eine oder andere Redewendung oder den einen oder anderen Satz von jemand anderem übernommen hätte. Aber dieser dreiste Wort-Diebstahl, der mir nach längerer Zeit heute wieder einmal in die Hände gefallen ist, geht weit darüber hinaus.

Folgende Weinbeschreibung war länger als ein Jahr auf der Website eines Winzerkollegen zu finden:

XXXXX 2002 Chardonnay Barrique

Herkunft:
Weinbaugebiet Burgenland, Mörbisch am See, Ried
Waldacker

Lage und Weingarten:
Die Ried
Waldacker liegt im Hügelland, etwa 2 km vom Schilfgürtel des Neusiedlersees entfernt. Der steinige, eher spätreifende Boden macht diese Lage für den Chardonnay besonders geeignet. 1994 bepflanzten wir unseren Weingarten mit einer burgenländischen Selektion von Chardonnay-Reben.

Lese und Weinbereitung:
Handlese am
19. September 2002, 21 °KMW!, Ertrag etwa 50hl/ha; 100% des Weines wurden in Barriques vergoren und absolvierten den biologischen Säureabbau; am 2. Juli 2003 wurde der Wein in Flaschen gefüllt; Alkohol: 13 %vol, Säure: 5,1 g/l, Restzucker: 1,7 g/l

Der Wein:
kräftiges Strohgelb; nach exotischen Früchten, Vanille und Kaffee duftend; am Gaumen kraftvoll und vielschichtig, fruchtige Anklänge und ein Hauch von Röstaromen im Abgang, lang und komplex im Nachhall; Trinkreife etwa
2003 bis 2009

Dieser Chardonnay wurde nach internationalen Kriterien ausgebaut. Der Name XXXXX kommt aus dem lateinischen und heißt zu deutsch Gold. Dies ist auf seine kräftige goldgelbe Farbe zurückzuführen, welche wiederum seinen Ursprung in der extrem hohen Reife findet. Ein Wein mit großem Potential und großer Zukunft!

Dabei hat er nicht nur die Gliederung eins zu eins von meinem Weinsteckbrief übernommen, sondern auch alle fett gedruckten Wörter bzw. Sätze (rund 60 Prozent)! Mit Ausnahme des letzten Absatzes wurden fast nur jene Dinge geändert (Riedennamen, Boden, Ausbauart, Analysenwerte), die partout nicht zum eigenen Wein passen wollten.

Leider kann man die Strafmethode des Winzerbloggers bei dieser Form des geistigen Diebstahls nicht anwenden. Da mir die Sache auch keinen öffentlichen Streit wert ist, bleibt mir nur die Genugtuung, daß eine Kopie, niemals besser sein kann als das Original, wie gut auch immer sie gemacht sein mag. (Und in diesem Fall ist sie nicht besonders gut gemacht 😉 ).

Und es bleibt die Hoffung, daß der Kollege auf der Suche nach neuen Quellen auf diesen Beitrag stößt und sich nach der Lektüre endlich ein neues Opfer sucht. „Unsere“ Formulierungen finden sich nämlich nicht nur in dieser Weinbeschreibung, sondern bereichern schon seit Jahren verschiedene seiner Werbematerialien.

Zum Vergleich folgt hier noch mein zwei Jahre davor verfaßtes Original:

CHARDONNAY DUETT 2000

Herkunft:
Weinbaugebiet Burgenland, Mörbisch am See, Ried Hofwiesort

Lage und Weingarten:
Die Ried Mittlere Hofwiesörter liegt am Fuß des Hügellandes, etwa 200 Meter vom Schilfgürtel des Neusiedlersees entfernt. Der kalkhaltige Boden macht diese Lage für den Chardonnay besonders geeignet. 1989 bepflanzten wir unseren Weingarten mit einer burgenländischen Selektion von Chardonnay-Reben.

Lese und Weinbereitung:
Handlese am 11. September 2000, 20 °KMW, Ertrag etwa 50hl/ha; 70% des Weines wurden im klassisch österreichischen Stil im Edelstahltank vinifiziert, 30% wurden in Barriques vergoren und absolvierten den biologischen Säureabbau; Ende Mai 2001 wurden beide Teile vermählt und reiften gemeinsam bis zur Abfüllung am 10. Juli 2001; Alkohol: 13 %vol, Säure: 6,2 g/l, Restzucker: 2,4 g/l

Der Wein:
kräftiges Strohgelb; nach exotischen Früchten, Vanille und Kaffee duftend; am Gaumen kraftvoll und vielschichtig, fruchtige Anklänge und ein Hauch von Röstaromen im Abgang, lang und komplex im Nachhall; Trinkreife etwa 2002 bis 2007

Die gefühlvolle Vermählung von klassischer Frucht mit dem Flair des Ausbaues in Barriques zu einem harmonischen Duett ist seit 1998 unsere Interpretation der Rebsorte Chardonnay. Unsere Weine sind dadurch deutlich vielschichtiger als klassisch österreichisch vinifizierte Chardonnays, zugleich aber auch feiner und zarter in ihrer Art als internationale Weine.

4 Gedanken zu „Ein Winzerkollege und das geistige Eigentum“

  1. Ja ja, die lieben Kollegen. Bei uns hat einer sogar das Logo kopiert!!

    Aber was macht man wenn Journalisten sich frei in Blogs bedienen?
    Blogger sind irgendwie doch Freiwild…..

    Wollten wir es verhindern dürften wir nichts mehr online stellen und müßten unsere Gedanken für uns behalten.
    Aber was soll dann aus all den Menschen werden die völlig befreit von Fantasie und Kreativität sind? Der von dir beschriebene Kollege gehört in eine solche Kategorie und ist daher eigentlich ein armer Hund.
    So jedenfalls tröste ich mich über solche Dinge hinweg 🙂

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