Weinblütestatistik

Mit dem Wetterumschwung Ende Mai in Richtung Sommer hat gestern auch die Weinblüte begonnen. Später als wir das mittlerweile gewohnt sind, aber immer noch deutlich früher, als der 10. Juni, der noch in den 1980er und 90er-Jahren ein häufiger Stichtag war.

Die Blüte ist ein wichtiger Meilenstein im Weinjahr, weil sich damit die Aufmerksamkeit der Rebe (und auch die von uns Weinbauern) langsam vom Triebwachstum weg und hin zur Entwicklung der Trauben richtet. Dabei entscheidet das Wetter, wie viele Blüten befruchtet werden und damit auch wie klein oder groß die Ernte ausfallen könnte. Empfindliche Sorten wie Muskat Ottonel und Blaufränkisch verrieseln gerne wenn es während der Blüte kühl und nass oder auch extrem heiß ist. Viele Beeren bleiben unbefruchtet und rieseln einem buchstäblich durch die Finger, wenn man die Trauben leicht abstreift.

Spannend ist die Blüte auch, weil sie eine erste (naturgemäß aber natürlich nur sehr grobe) Einschätzung des Erntetermines möglich macht. Anders als der Austrieb lässt sich der Blütebeginn fast auf den Tag genau bestimmen und liefert damit – genau so wie der Beginn der Umfärbung der Rotweinsorten – eine gute Datenquelle für Prognosen:

Vergleicht man den heurigen 2. Juni mit Jahren, in denen die Blüte im selben Zeitraum begonnen hat, deutet vieles auf einen Lesebeginn in der ersten oder zweiten Septemberwoche hin. Das mag wenig überraschend erscheinen, ist aber doch ein erster Anhaltspunkt dafür, dass z.B. eine Lese im August zwar nicht ausgeschlossen aber auch nicht sehr wahrscheinlich ist.

Genauer wird die Prognose natürlich mit der Umfärbung. Einerseits, weil die Lese dann nicht mehr so weit ist wie jetzt, andererseits aber auch, weil der Vergleich dann bereits wetterbedingte Verzögerungen oder Beschleunigungen der Vegetation im Juni und Juli abbildet. So war z.B. 2019 der Blütebeginn zwei Tage später als 2005 und 2015 aber die Umfärbung um 5 Tage früher.

Ganz besonders auffallend in der Tabelle sind natürlich die Jahre 2001 und 2005. Trotz ähnlichem Blütebeginn war die Weinlese damals zwei Wochen später als in allen vergleichbaren Jahren danach. Meiner Meinung nach ist das neben dem früheren Beginn der Vegetation heutzutage ein weiteres deutliches Indiz für den Klimawandel. Der heißer werdende August beschleunigt die Traubenreife und verkürzt den Zeitraum zwischen Umfärbung und Ernte, was uns Weinbauern natürlich zusätzlichen Stress beschert. Und die Lehre, heutzutage im Zweifelsfall lieber etwas zu früh mit der Lese zu beginnen als ein paar Tage zu spät.

Disclaimer: Natürlich haben die Ertragsverhältnisse (die die Reife beschleunigen oder verzögern können) und der angestrebte Weinstil, der sich über Jahrzehnte auch etwas ändern kann (fruchtig elegant vs. üppig) einen Einfluss auf die Daten. Darüber hinaus verzerren nicht immer perfekt gewählte Lesetermine (gelegentlich wäre ich gerne ein paar Tage früher dran gewesen, nie später) den Vergleich mit manchen Jahren. Trotzdem ist die Weinblütestatistik für mich aber jedes Jahr aufs Neue spannend.

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