Sterne, Punkte und ein Lächeln

Wettbewerbe und Bewertungen sind ein wichtiger Teil des Weinzirkus. Sie sind gut fürs Image der Branche, weil sie den öffentlichen Fokus auf die Qualität richten, halten das Thema Wein im Gespräch und fördern durch permanente Vergleiche das Niveau. Außerdem sind sie natürlich gut fürs Ego der Produzenten und wirken damit (nicht nur) auf junge Weinbauern motivierend.

Manche Betriebe bauen sogar ihre gesamte Vermarktungsstrategie auf der Werbewirkung hoher Bewertungen auf. Und passen ihren Weinstil an die Vorlieben der Meinungsbildner an, um von diesen regelmäßig ganz vorne platziert zu werden. Mit einem Außenseitersieg alle paar Jahre wäre ihr Geschäftsmodell schließlich nicht aufrecht zu erhalten.

Daran ist absolut nichts Verwerfliches, und ich schätze manche dieser Kollegen und Weine sehr. Allerdings ist meine Vorstellung unseres Berufs eine ganz andere und unsere Betriebsstruktur erlaubt mir, diese auch auszuleben. Wir keltern unsere Weine in erster Linie so, wie wir sie selber gerne trinken und suchen danach Kunden mit ähnlichen Vorlieben.

Trotzdem sind mir Bewertungen natürlich nicht egal. Wir nützen sie einerseits, um uns selbst auf die Probe zu stellen und andererseits natürlich auch auch, um auf uns und unsere Weine aufmerksam zu machen.

Für beide Zwecke sollte man Prämierungen aber nicht zu ernst nehmen, denn auch die besten Verkoster sind keine objektiven Degustationsmaschinen. So sehr ich mich zum Beispiel über den Platz unseres Leithaberg weiß 2019 mit dreieinhalb Sternen im Spitzenfeld der Vinaria-Verkostung „Französisch im Burgenland“ gefreut habe, so wenig haben mich die eineinhalb Sterne samt mäßiger Beschreibung („schon sehr gereift, limohaft, ziemlich schlank, eher kurz“) für den Chardonnay Reserve 2019 bei der selben Verkostung zum Verzweifeln gebracht. Nicht zuletzt, weil der gleiche Wein im Weinguide des gleichen Magazins vier Sterne bekommen hatte, von Falstaff 92 und von A la Carte 93 Punkte.

In die Versuchung, Spitzenplätze überzubewerten komme ich ohnehin relativ selten, denn bei den meisten Verkostungen liegen unsere Weine punktemäßig im soliden oberen Mittelfeld. Das liegt wohl daran, dass mein eher auf Feinheit und Eleganz als auf aufdringliche Aromen und Power abzielender Weinstil in der Verkostungssituation nicht genug heraussticht. Dass unsere Weine aber trotzdem (oder wahrscheinlich sogar genau deshalb) sehr viel Trinkvergnügen bereiten, kann man an den Notizen neben den Punkten ablesen. Die Weinbeschreibungen sind nämlich bei jenen Kostern, die sich die Mühe machen, nicht nur Textbausteine aneinander zu reihen, fast immer deutlich freundlicher als die nackten, aber halt viel plakativeren Punkte.

Ein schönes Beispiel dafür ist auch Marcus Hofschuster von wein.plus, der im obigen Video einen Einblick in das Entstehen seiner Verkostungsnotiz unseres Leithaberg Rot 2019 bietet. Seine 91 Punkte sind zwar viel höher einzuschätzen, als die 92 von Falstaff, die Wortwahl „das gefällt mir“, „schöne Tiefe“, „das ist schon sehr, sehr gut“, „das ist sauguter Wein“, „das macht richtig Laune“, „da will ich sofort etwas dazu essen“ und „sehr, sehr schön“ klingt aber zumindest für mich eigentlich nach noch mehr.

Früher hat mich diese Diskrepanz oft geärgert, und ich wäre gerne auch bzw. öfter ganz oben auf dem Podest gestanden. Mittlerweile weiß ich aber, dass mir diese Rolle im ständigen Rampenlicht und alles was damit verbunden ist gar nicht liegt. Und dass ein Kompliment von einem privaten Weinliebhaber oder auch das ehrliche, zufriedene Lächeln von Otto-Normalwein-Trinker mindestens genauso wertvoll ist.

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