Heute ist wieder Wein(blog)rallye-Tag, und alle deutschsprachigen Genussblogger, die Lust dazu haben, befassen sich auf Vorschlag von Weinkaiser mit der seiner Meinung nach Königsklasse des deutschen Weines, der Riesling Spätlese.
Während das Thema die deutschen Bloggerkollegen zu einer wahren Flut an Beiträgen schon im Lauf des Tages angespornt hat, tut man sich als Österreicher einigermaßen schwer damit. Schließlich hat es der deutsche Wein nirgendwo auf der Welt schwerer, als bei uns, und dementsprechend schwierig ist er zu bekommen.
Zum Glück ergab sich aber vor ein paar Wochen als Folge dieses Beitrages ein Weintausch mit Moselwinzer und Blogger Harald Steffens, der meine Bestände an deutscher Riesling Spätlese von null auf zwei Flaschen geradezu explodieren ließ.
Burger Hahnenschrittchen Spätlese 2009, Weingut Steffens-Keß
Der deutsche Weißwein im allgemeinen, und jener von der Mosel im besonderen gilt hierzulande ja weitgehend als süßlich. Nicht zuletzt deshalb hält der gelernte Österreicher die Weine unseres großen Nachbarn häufig für altmodisch.
Hat er doch nach der Zäsur von 1985 in einem für Produzenten und Konsumenten anfangs recht schmerzhaften Prozeß der Restsüße im Wein weitgehend abgeschworen. Und den trockenen Ausbaustil zu einem der Gründungsmythen der Erfolgsgeschichte des österreichischen Weißweines gemacht.
Während aber in der Weinwerbung die Story vom trockenen, eleganten Weißwein bis heute hochgehalten wird, kann man in gar nicht so wenigen Kellern in den letzten Jahren einen deutlichen Stilwandel beobachten. Nicht nur, aber ganz besonders auch bei der Sorte Riesling.
Zuerst begannen manche Kollegen die Alkoholwerte deutlich nach oben zu schrauben (was meiner Meinung nach nicht am oft ins Treffen geführten Klimawandel liegt), und etwas später auch die Restzuckerwerte.
Die solcherart vinifizierten Rieslinge können in manchen Fällen zweifellos beeindrucken, mit dem immer noch weit verbreiteten und transportierten Weinselbstverständnis von trockener, feingliedriger Eleganz haben sie freilich nichts mehr zu tun.
Es ist also wohl eine Ironie der Geschichte, dass ich ausgerechnet in einem Riesling von der Mosel jene Attribute wiederfinde, die ich mir (wieder) von dem einen oder anderen österreichischen Sortenvertreter stärker erwarten würde:
Eine klares, von reifen Trauben geprägtes vielschichtiges Duftbild, dessen feine Konturen nicht von süßer Botrytis-Schminke zugekleistert sind. Ein ausgewogener Körper mit Rundungen an den richtigen Stellen, der aber noch beschwingt über die Zunge tanzen kann, anstatt süßlich-üppig am Gaumen zu kleben.
Und ein Alkoholgehalt, der zeigt, dass es dem Winzer (u.a. bei der Wahl des Lesetermins) nicht darum ging, jemanden mit Wucht zu beeindrucken. Sondern dass er bei seinem Bemühen um möglichst reife Trauben nicht auf das Trinkvergnügen vergessen hat.
Hut ab, Harald!
Darf man freundlicherweise um Bekanntgabe des Alkoholgehalts bitten? Am Foto sieht man’s grad nicht mehr.
Danke im Voraus!
Man darf, Michael:
12,5 Prozent laut Etikett, sehr unauffällig in einem eleganten Wein verpackt.