Im Jänner erreicht die Temperatur in unserem Keller jedes Jahr ihren Tiefpunkt. Dank der Kältewelle der letzten drei Wochen sind es heuer mit ca. 3°C um zwei, drei Grad weniger, als in den letzten Jahren. Ungewöhnlich oder gar problematisch ist diese Kälte jedoch nicht. Im Gegenteil, sie ist seit Jahrzehnten ein kleiner, aber feiner Baustein unseres Weinstils.
Vor allem für die Weißweine ist ein kalter Keller während der Tank- oder Faßreife ein Vorteil. Bei niedrigen Temperaturen bleiben die Weine frisch und behalten auch bei notwendigen Manipulationen (die wir ohnehin auf das absolut notwendige Mindestmaß beschränken) wie z.B. der Filtration die in ihnen gelöste Kohlensäure.
Darüber hinaus ist die negative Oxidation von Fruchtaromen ziemlich gebremst, sodass wir während der Reifung mit relativ niedrigen SO2-Dosen auskommen, was den Weinen unserer Einschätzung nach mehr Entfaltungsmöglichkeiten bietet.
Außerdem wirkt die Winterkälte stabilisierend, indem sie Weinsteinkristalle zum Ausfallen bringt, die ansonsten mittels technischer Kühlung oder dem Zusatz von Metaweinsäure vor der Abfüllung stabilisiert werden müßten.
Unserer langjährigen Erfahrung nach haben wir (mit Ausnahme von Prädkatsweinen, deren Konzentration den Weinsteinausfall oft jahrelang verzögert) bei Abfüllungen nach Mitte Jänner keine nennenswerte Weinsteinbildung in der Flasche mehr zu befürchten.
Bei den Rotweinen sind die niedrigen Temperaturen abgesehen von der natürlichen Weinsteinstabilisierung und dem geringeren mikrobiologischen Risiko kein echter Vorteil, aber zum Glück auch kein wirklicher Nachteil. Die reifebedürftigeren Roten sind in unserem Keller über den Winter etwas gehemmt, was sich aber gut durch eine längere Faßreifezeit wieder ausgleichen läßt.
Während viele Kollegen ihre leichteren Rotweine bereits im Frühling füllen, lagern sie bei uns meist bis zum August. Und auch die Weißen füllen wir unter anderem wegen des kalten Kellers nicht schon im November oder Dezember, sondern normalerweise zwischen Februar und Mai. Gut Ding will Weile haben…
Foto: steve.haider.com
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