Arschknapp

Nach einem Gastspiel des Sommers mit ungewöhnlich hohen Temperaturen Anfang April schien in den letzten zwei Wochen nocheinmal der Winter mit Schnee und Frost Einzug in Mitteleuropa halten zu wollen. Für uns Weinbauern sind solche Wetterumschwünge um diese Jahreszeit besonders problematisch, weil die Reben durch das milde Wetter außergewöhnlich weit in ihrer Entwicklung sind und dementsprechend anfällig für Spätfrostschäden.

Sobald die jungen Trieben nämlich die schützende Wolle der Knospen verlassen, genügen schon Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt, um ihr wasserreiches Gewebe gefrieren zu lassen. Und weil Eis mehr Volumen hat als Wasser, platzen dabei die Pflanzenzellen auf und sterben ab.

Viele Regionen in Deutschland, Südtirol und Österreich hat der Frost schon vor einigen Tagen heimgesucht. Harald Steffens hat z.B. schon am Dienstag hier von der Mosel berichtet. Bei uns war es da auch schon kalt, aber die Quecksilbersäule sank dann doch nicht unter zwei Grad plus. Für die vergangene Nach von Donnerstag auf Freitag allerdings war die Prognose nocheinmal kritisch.

Wie knapp es dann heute letztlich geworden ist, sieht man daran, dass in unseren beiden tiefer gelegenen Weingärten zwar zahlreiche Blätter erfroren sind, die Triebe und Trauben zumindest dem ersten Anschein nach aber nicht geschädigt sein dürften. Da haben wohl nur ein paar Zehntel Grad zu einem Totalschaden wie 2016 gefehlt.

Wirklich sicher können wir erst in ein paar Tagen sein, wenn im zurückkehrenden Frühsommerwetter sowohl die Triebspitzen als auch die Trauben weiterwachsen. Dann bleibt der Frost ein Schönheitsfehler mit ein paar fehlenden Blättern, die die Reben gut ersetzen können.

Ein bisschen Daumendrücken brauchen wir also noch, auch wenn wir recht zuversichtlich sind, dass wir mit einem sehr kleinen blauen Auge davongekommen sind. Und eine erneute Frostperiode zu den klassischen „Eismännern“ um den 12. Mai halte ich nach der jetzt prognostizierten anhaltenden warmen Wetterphase für eher unwahrscheinlich.

Die Headline mag dem einen oder der anderen vielleicht etwas derb erscheinen. Sie entspricht aber sehr genau unserem aktuellen Empfinden und ist darüber hinaus ein Zitat unseres (zu dem Zeitpunkt allerdings Noch-Nicht-) Bundespräsidenten 😉

2 Gedanken zu „Arschknapp“

  1. Hallo Bernhard,

    das ist das Los der Obst- und Weinbauern. Und ich befürchte, das wird in Zukunft nicht besser, sondern die Spätfrostschäden werden mehr. Durch die Klimaerwärmung wird sich der Austrieb bzw. die Obstblüte eher noch zeitiger ins Frühjahr verschieben. Spätfröste wird es hingegen trotz Klimaerwärmung auch weiterhin geben. Nicht wirklich gute Aussichten, wenn man vom Obst- bzw. Weinbau leben muss.

    Hier bei uns am Rande des Nordschwarzwaldes gab es auch Schäden, allerdings sehr unterschiedlich. Auf manchen Wiesen sind die Walnussbäume total schwarz, wenige hundert Meter weiter mit etwas Höhenunterschied sind sie noch grün. Trotz -2 Grad hat es unseren beiden Hausreben komischerweise nix gemacht, bei den Rosen sind auch nur ganz wenige Triebspitzen erfroren. Auch hier als arschknapp. Zum Glück müssen wir aber nicht von der Landwirtschaft leben. Wir wünschen euch, dass der weitere Jahresverlauf problemloser für euch läuft.

  2. Herzlichen Dank für die guten Wünsche, Werner!

    Tatsächlich ist der Schaden etwas größer als im ersten Moment angenommen, aber er hält sich in Grenzen und ist weit, weit weg von 2016.

    Viele Grüße und eine große Bitte um Entschuldigung für das späte Freischalten deines Kommentars

    Bernhard

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