Wie umgehen mit dem Unvorstellbaren?

In unserer Nachbarschaft herrscht Krieg. Meine Gedanken sind bei den Menschen in der Ukraine, ihnen gilt mein ganzes Mitgefühl und meine Unterstützung im Rahmen meiner Möglichkeiten. Dazu gehört es auch, Vladimir Putin als Schuldigen zu benennen und dem Märchen von seinem verletzten Sicherheitsbedürfnis, das die Aggression gegen die Ukraine rechtfertigen oder auch nur erklären würde, entgegenzutreten.

Jenseits dieser Klarheit stellen sich mir als Weinbauer und Blogger aber vor allem zwei Fragen: Kann man in dieser katastrophalen Situation noch guten Gewissens über Genuss und Lebensfreude, über etwas (im direkten Vergleich völlig banales) wie Wein schreiben und reden? Und wenn ja, sollte man das dann nicht wenigstens mit Spendenaufrufen und Charityaktionen verbinden, um den Ernst der Lage präsent zu halten?

Es gibt viele Antworten auf diese Fragen, und die allermeisten davon sind wohl weder richtig noch falsch. Letztlich muss jeder seinen persönlichen Umgang mit diesen schweren Zeiten finden.

Als Politik- und Geschichte-Junkie beschäftige ich mich sehr intensiv mit dem Krieg in der Ukraine, wahrscheinlich intensiver als es mir gut tut. Sich dazwischen an einem guten Glas Wein zu erfreuen und diese Freude und die Geschichten drumherum zu teilen, halte ich nicht nur für nicht falsch, sondern für zwingend notwendig. Ohne Ablenkungen ist der Dauerkrisenmodus nicht lange durchzuhalten, und ich denke, es ist niemandem geholfen, wenn wir unser Leben nicht mehr im Rahmen des möglichen gut weiterführen.

Ich selbst halte unseren Betrieb am Laufen, versuche unsere Arbeit und unsere Weine zu präsentieren, kann deshalb meine Steuern zahlen und für verschiedene Hilfsaktionen spenden. Die Ukraine wird noch sehr lange unsere Unterstützung brauchen, und die kann ich persönlich, aber auch unser Staat nur leisten, wenn wir auch auf uns schauen (was natürlich auch bedeutet, dass wir spätestens jetzt weg von der Gas-Abhängigkeit müssen).

Wie meine persönliche Hilfeleistung aussieht, kommuniziere ich in den meisten Fällen nicht in größerem Rahmen. Für mich ist das privat und deshalb trenne es gerne von meiner „Wein-Öffentlichkeit“. Das bedeutet natürlich nicht, dass Spendenaufrufe und Wein-Charities etwas schlechtes wären (für die Kollegen an der Ahr habe ich mich ja auch gerne daran beteiligt und das kommuniziert). Am Ende zählt jeder Euro, der zusammen- und jetzt und in Zukunft den Menschen in der Ukraine zugutekommt.

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