Diskretion Ehrensache?

Als „Insider“ der burgenländischen Weinszene erfahre ich naturgemäß Dinge, die entweder gar nicht, nicht so detailiert oder erst im Nachhinein an die weininteressierte Öffentlichkeit gelangen. Gelegentlich erachte ich es für richtig und wichtig, darüber zu berichten, oft behalte ich aber solche Infos auch für mich.

Schließlich geht es dabei auch um persönliche und vertrauliche Kontakte, um heikle interne Diskussionen und nicht abgeschlossene Entscheidungsprozesse. In diesen Fällen betrachte ich es als Ehrensache, meine Meinung dort zu äußern, wo sie hingehört und nicht in der (Blog-)Öffentlichkeit.

Aus dieser Motivation heraus habe ich bisher nicht über die diskutierte Zusammenlegung der beiden Weinbaugebiete Neusiedlersee und Neusiedlersee-Hügelland für einen DAC-Wein auf Zweigelt-Basis berichtet, obwohl ich darüber schon seit längerem informiert bin.

Vergangene Woche war ich bei einer (bei der?) entscheidenden Sitzung als einer der Vertreter des Gebietes Neusiedlersee-Hügelland dabei. Die erwartungsgemäß und berechtigterweise schwierigen Verhandlungen zwischen den Gebieten befinden sich in der entscheidenden Phase, und werden meiner Meinung nach durch zu viel Aufmerksamkeit von Außen unnötig erschwert.

Umso verwunderter war ich, als ich am Samstag, nur wenige Tage nach dem Verhandlungstermin, eine deutliche Stellungnahme eines der Protagonisten einer Neusiedlersee-DAC in der Burgenland-Printausgabe des Kurier lesen konnte. Termin und Tenor der Meldung können natürlich reiner Zufall sein, genausogut aber (nicht gerade feine englische) Verhandlungstaktik.

Wie auch immer. Auf jeden Fall kann ich jetzt ohne schlechtes Gewissen darüber berichten, worum es eigentlich geht. Hat doch mein Blog noch nicht ganz so viele Leser wie die Burgenland-Ausgabe des Kurier.

Neusiedlersee DAC?

Seit einigen Monaten tüfteln die Verantwortlichen des Weinbaugebietes Neusiedlersee an der Umsetzung des DAC-Konzeptes (hier DAC-Presseaussendung 02/2003 anklicken) für das eigene Weinbaugebiet. Der im Moment favorisierte Plan sieht eine Zusammenlegung der beiden Weinbaugebiete Neusiedlersee und Neusiedlersee-Hügelland vor, um gemeinsam einen reinsortigen Zweigelt als DAC Neusiedlersee zu definieren.

Die Befürworter (überwiegend im Weinbaugebiet Neusiedlersee) versprechen sich davon ein großes, auf dem Markt schlagkräftiges Weinbaugebiet und eine Absicherung der Rotweinkompetenz des Burgenlandes nachdem das Mittelburgenland im Vorjahr einen DAC-Wein auf Blaufränkisch-Basis etabliert hat.

Im Gebiet Neusiedlersee-Hügelland herrscht hingegen eine gewisse Skepsis vor. Die im Moment diskutierte Variante hat vielen Gegnern für einen Herkunftswein zu wenig Bezug zum (uneinheitlichen) Terroir und berücksichtigt die Blaufränkisch-Dominanz im der Region am Westufer des Sees nicht.

Auch wenn es im Kurier anders dargestellt wird, sieht es im Moment nicht danach aus, als ob die Skeptiker im Hügelland vom möglichen künftigen Partner mit Argumenten oder (medialem) Druck umzustimmen wären.

Sollte es zu keiner Einigung kommen, wird das Weinbaugebiet Neusiedlersee wohl ein eigenes (anderes) Konzept umsetzen und das Gebiet Neusiedlersee-Hügelland in absehbarer Zeit keinen eigenen DAC-Wein definieren.

Meiner Meinung nach wäre das kein Beinbruch, schließlich halte ich die Grundidee des DAC und seine bisherige Umsetzung im Weinviertel, Mittelburgenland und Traisental nicht unbedingt für das Gelbe vom Ei.

3 Gedanken zu „Diskretion Ehrensache?“

  1. Wer mich kennt, weiss, dass ich ich ursprünglich durchaus begeistert von der Weinviertel DAC Idee war. Denn die erste Präsentation liess wirklich hoffen. Dass schon im zweiten Jahr einige Winzer mit 5 DAC’s von 12 bis 13,5 % antannten, machte mich skeptisch. Inzwischen habe ich festgestellt, dass im Ausland sowieso niemand was davon weiss – oder aber auch nicht versteht, warum wir das jetzt machen.

    Ein (ziemlich grosser) Importeur öst. Weine: „Jetzt haben wir jahrelang unseren Kunden erklärt, dass in Österreich die Traubensorte und die Region draufsteht, dazu gibt es zwei bis drei Kategorien: leicht (klassisch), Lagenweine und dann ein Reserve oder Alte Reben, Smaragd oder so. Das hat jeder begriffen. Warum wollt ihr das jetzt ändern. Ich habe keine Lust das jetzt alles neu zu erklären, dann such ich mir andere Weine.“

    Wie schon die beiden anderen DAC’s zeigen, ist das Konzept wohl eher fraglich. Im Mittelburgenland kapiert sowieso niemand wozu das neben Blaufränkischland, Juwel, Vitikult etc. noch dienen soll. Vor allem, da man klassische Weine und Lagenweine in eine Kategorie gepresst hat.

    Und die Traisentaler tun mir schon fast leid, denn die nimmt schon gar nicht mehr richtig wahr.

    Sinn gemacht hätte vielleicht eine weiträumige Lösung, wie Krems (vergleiche mit Bordeaux), wo man in 30 km Umkreis fast alle guten Weissweine hätte, eben mit den „Unterregionen“ Wachau, Krems- Kamp- Traisental und Wagram. Detto auch Neusiedlersee mit den Regionen West- Ost, Mittel und Süd – vereinfacht gesagt, burgundisch gedacht.

    So, wie es jetzt ist, sehe ich nur einen Sinn: die Fördergelder und Werbezuschüsse zu lukrieren. Und das ist ja nicht gerade wenig…

    Lieben Gruss

    Knalli
    ..der Ketzer.

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