Oder: Was Analysenwerte über die Lagerfähigkeit von Wein aussagen
Bei allem Rätselraten über die Reifung von Weinen gibt es doch ein paar Parameter, die weitgehend unbestritten als Indiz für ein gutes Entwicklungspotential gelten. Einer davon ist der Extraktgehalt, also die Summe aller nicht verdampfenden Bestandteile des Weines.
Landläufig werden vor allem Mineralstoffe wie Kalium und das bei der Gärung entstehende Glycerin damit gemeint. Der Säure- und (Rest-)Zuckergehalt zählt aber ebenso dazu.
Ein hoher Extraktgehalt ist ein Indiz für niedrige Erträge, eine gute Wasserversorgung der Reben und körperreiche Weine. Zieht man den Umkehrschluß, wie das häufig passiert, müßten extraktarme Weine also dünne und damit auch nicht wirklich lagerfähige Weine sein.
Ein Paradebeispiel dafür, dass dem nicht automatisch so ist, hatte ich vor ein paar Tagen im Glas:
Im trockenen Jahrgang 1990 hat eine (im Nachhinein betrachtet) falsche Begrünungsstrategie des Bodens unserer Weingärten zu Weinen mit außergewöhnlich niedrigen analytischen Extraktwerten geführt.
Negativ-Spitzenreiter war damals der trocken ausgebaute Neuburger, den wir nur dank einer jahrgangsspezifischen Ausnahmeregelung beim damals noch geltenden gesetzlichen Mindestextraktgehalt überhaupt als Qualitätswein vermarkten durften.
Auch wenn er mit seinen 11,8 Prozent Alkohol (neben dem sehr niedrigen Extraktgehalt) natürlich nicht wirklich üppig war, präsentierte sich der Neuburger in seiner Jugend als guter und eleganter Vertreter seiner Sorte. Der burgenländischen Landesweinprämierung war er sogar eine Goldmedaille wert.
Eigentlich war das schon mehr, als man angesichts der analytischen Daten erwarten durfte. Das sich unser Neuburger 1990 aber auch nach mehr als 18 Jahren nicht nur trinkbar, sondern gut und in sich stimmig präsentiert, fällt aber schon beinahe in die Kategorie Wunder.
Jaja, der gute „altmodische“, zu Unrecht in der Versenkung verschwunden Neuburger, immer wieder für eine Überraschung gut! Daß allerdings ein 18 Jahre altes Exemplar dieser Rebsorte noch vital erscheint – nochdazu mit den von dir erwähnten niedrigen Extraktwerten – das grenzt wirklich fast an ein Wunder!
Umso erfreulicher 🙂