Die erste Lesewoche liegt hinter uns und sie ist ähnlich außergewöhnlich verlaufen, wie das gesamte Vegetationsjahr 2022. Der durch die extreme Trockenheit bei einigen Sorten sehr niedrige Ertrag hat uns nicht nur zur vorgezogenen Grüner-Veltliner-Lese an 25. August gezwungen, sondern auch die gewohnten Reifeverläufe und damit unsere übliche Erntereihenfolge durcheinandergewirbelt. Der allergrößte Teil von Weißburgunder, Chardonnay und Zweigelt ist bereits – hochgradig, aber nicht zu reif – im Keller, während die meisten Muskat-Ottonel-Weingärten, mit denen wir normalerweise die Lese starten erst in den nächsten Tagen an die Reihe kommen.
Den Muskat wollen wir als nicht all zu kräftigen, erfrischenden Wein und es ist meistens eine Herausforderung, den richtigen Termin dafür nicht zu verpassen. Weil er heuer dem durchschnittlichen Ertragsniveau im Unterschied zu den meisten anderen Weißweinsorten zumindest nahe kommt, lässt er sich mit der Zuckerbildung im Vergleich mit diesen deutlich mehr Zeit. Das hat uns die Chance gegeben, Pinot blanc und Chardonnay vorzuziehen, um ihnen in diesem speziellen Jahrgang genügend Eleganz für ihre Kraft zu bewahren.
Nimmt man den Säuregehalt der Moste als Indiz dafür, könnte uns das durchaus gelingen. Die sind nämlich deutlich höher, als bei so einem Witterungsverlauf zu erwarten gewesen wäre und ich bin mittlerweile auch für die Weißweine deutlich optimistischer als noch vor ein paar Wochen.
Den Roten kommen heiße, trockene Jahre sowieso entgegen, deshalb waren die schönen Zweigelt-Trauben keine große Überraschung. Ende der Woche machen wir uns voraussichtlich auch schon an den Blaufränkisch, denn der ist heuer mit seiner Reife gar nicht so weit hinter dem Zweigelt wie sonst.