Die Ruhe nach dem Sturm

Die Hauptlese liegt hinter uns, aber auch für einen Verfechter der zurückhaltenden Kellerwirtschaft wie mich gibt es in diesen Tagen viel zu tun im Weinkeller.

Anders als während der Ernte, wo nebenbei auch noch die laufend im Presshaus eintreffenden Trauben verarbeitet werden wollen, gestaltet sich die Kellerroutine jetzt aber vergleichsweise ruhig und entspannt. Ein Grund, warum ich diese Phase so gerne mag insbesondere bei guten Jahrgängen wie dem heurigen.

„Fertige“ Weiße

Einige Weißweine sind bereits durchgegoren. Sobald sie kein CO2 mehr entwickeln, muss der für die Gärung im Tank belassene Steigraum aufgefüllt werden, damit der Jungwein an der großen Kontaktfläche mit Luft(sauerstoff) keinen Schaden nimmt. Dafür braucht man natürlich einen möglichst ähnlichen Wein, deshalb habe ich einen Tank auch schon in einen kleineren Behälter umgezogen und mit der verbleibenden Menge andere vollgemacht.

Mit diesem Umziehen, das den Wein von der zu Boden gesunkenen Hefe, dem sogenannten Geläger trennt, warte ich bei den meisten Fässern und Tanks gerne einige Wochen zu, weil die Hefe auch nach der Gärung dem Wein noch viel mitgeben kann. Beginnt ein Jungwein aber sich zu verschließen und entwickelt sich nicht wie gewünscht, wirkt ein vorgezogener Abstich oft Wunder.

Um rechtzeitig reagieren zu können, ist das tägliche Verkosten natürlich die wichtigste (und zugegeben, auch schönste) Arbeit. In den ersten Wochen entwickeln sich die Jungweine nämlich rasend schnell, und nur durch das laufende Probieren entsteht ein Gefühl für ihre Stärken, Schwächen und Bedürfnisse.

Fast alle Entscheidungen der ersten Wochen beruhen auf der geschmacklichen Entwicklung der jungen Weine. So auch der Zeitpunkt und die Höhe der SO2-Zugabe, um die Balance zwischen dem Schutz der Aromen vor Oxidation einerseits, und dem Belassen von genügend Freiraum zur Entwicklung andererseits zu halten.

…gärende Stürme…

Einige Tanks und Fässer sind aber noch lange nicht so weit, sondern gären noch mehr oder weniger munter vor sich hin. Vor allem die zuletzt geernteten, aber auch ein Nachzügler aus der ersten Lesewoche. Und weil der auch trocken durchgären soll, bekommen seine Hefezellen ein besonderes Wohlfühlpaket: Temperierte 20 Grad und eine tägliche Massage in Form eines Aufrührens.

Zum Glück messe ich täglich bei allen gärenden Chargen die Dichte und zeichne daraus ein Gärdiagramm. Das kostet mich zur Hauptgärphase zwar auch eine gute halbe Stunde pro Tag, macht solche Entwicklungen aber frühzeitig erkennbar.

…und Rote in allen Stadien

Ein Zweigelt, zwei Blaufränkische und der Cabernet stehen noch im Presshaus auf der Maische. Sie müssen zwar nicht mehr so oft wie während der Gärung rundgepumpt werden, alle paar Tage benetze ich den oben schwimmenden Tresterkuchen aber mit frischem Wein von unten, damit er nicht austrocknet.

Am Montag werde ich den Zweigelt und den Cabernet pressen, und damit dann die Fässer gut vorbereitet sind, habe ich sie gestern schon mit Wasser befüllt. Es beseitigt allfällige kleine Undichtheiten durch Quellen des Holzes und löst Schmutzpartikel, die dann leicht abgespült werden können.

Die beiden Blaufränkischen bleiben noch eine Woche auf der Maische. Und weil bei höheren Temperaturen die Auslaugung von Farbe, Geschmack und Tannin aus den Schalen besser funktioniert, halte ich ihre Temperatur im mittlerweile ausgekühlten Presshaus mit einer Tankheizung auf etwa 25 Grad.

Die bereits gepressten Roten in den Fässern temperiere ich auf etwa 20° Celsius, damit sich die Bakterien, die den biologischen Säureabbau durchführen wohl fühlen. In den nächsten Wochen reduzieren sie den Säuregehalt der Rotweine und bauen die Äpfelsäure von Blaufränkisch, Zweigelt und Cabernet in Milchsäure um. Aktiv habe ich dabei wenig zu tun, aber „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ gilt natürlich auch bei den Bakterien.

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