Nachtschicht

Unmittelbar nach der Weinblüte sind die Reben besonders empfindlich. Die rasch wachsenden Pflanzenzellen der Trauben und Blätter sind eine leichte Beute für verschiedene Erkrankungen.

Weil es schon vor der Blüte eine erste kleine Peronospora-Infektion (Falscher Mehltau) gegeben hat, das schwüle Wetter der letzten Tage ein Auftreten von Oidium (Echter Mehltau) sehr wahrscheinlich macht und seit der ersten vorbeugenden Behandlung unserer Reben gegen beide bereits zwei Wochen vergangen sind, hat der Pflanzenschutz derzeit oberste Priorität.

Bei den aktuellen Tagtemperaturen um die 35°C und Nachttiefstwerten nicht unter 25°C ist es allerdings gar nicht so einfach, die Reben zu behandeln. Tagsüber bei strahlendem Sonnenschein geht es nicht, weil Verbrennungen der Reben durch die Spritzbrühe drohen oder die feinen Wassertröpfchen verdunsten, bevor sie auf Blätter und Trauben treffen.

In der Früh, unmittelbar nach Sonnenaufgang, sind die Blätter meistens taufeucht und die Pflanzenschutzmittel rinnen vom Blatt ab, anstatt haften zu bleiben. Abgesehen davon würde sich die Behandlung selbst bei unserer überschaubaren Rebfläche über vier Tage (samt entsprechendem Wetterrisiko) hinziehen, wenn jeden Tag nur zwei, drei Stunden übrig bleiben, bevor es zu heiß wird.

Die Abendstunden sind auch keine Alternative, denn da ist es kaum kühler als tagsüber. 30°C um 21 Uhr sind bei uns am Neusiedlersee keine Seltenheit. Bleibt bei der derzeitigen Lage nur noch die Nacht, die ich von gestern auf heute zum ersten Mal in meiner Weinbauernkarriere genützt habe, um Oidium und Peronospora ein Schnippchen zu schlagen. Von 22 Uhr abends bis knapp vor 4 Uhr in der früh war ich unterwegs und habe immerhin unsere halbe Fläche geschaft.

Trotz guter Arbeitsscheinwerfer und Mondlicht ist man um diese Zeit ziemlich verloren in den Rieden. Die einzige Gesellschaft sind allerlei nachtaktive Insekten, die vom Licht des Traktors angezogen werden.

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