Auch die geübtesten (Blind-)Verkoster sind nur Menschen. Und den besten von ihnen ist immer bewußt, dass irren zum Menschsein dazugehört und es in (Wein-)Geschmacksfragen niemals eine richtige, eine alleingültige Meinung geben kann.
Verkostungserlebnisse, die mich daran erinnern, zählen deshalb zu meinen wichtigsten Erfahrungen:
Hinter die Fassade
Vor ein paar Wochen haben wir im Rahmen einer Verkostungsrunde wieder einmal versucht, die Bewertungen zahlreicher heimischer Spitzenrotweine nachzuvollziehen.
Auf dem Programm stand diesmal der Jahrgang 2008, der zwar als schwierig beschrieben wird, dessen Spitzenvertreter aber trotzdem in vielen Publikationen mit ähnlich hohen Punktewerten bedacht wurden, wie in den Jahren davor.
Obwohl das manche Teilnehmer an der Verkostung anders sehen, halte ich es mittlerweile für müßig, diese medialen Bewertungen im einzelnen zu diskutieren. Spielt doch bei der Unterscheidung von höherwertigen Weinen die Frage der Qualität eine vergleichsweise geringe, und die Frage des Stils eine recht große Rolle.
Letzterer ist aber noch viel mehr eine Frage des persönlichen Geschmacks und läßt sich noch viel weniger objektiv beurteilen. Und dass die heimischen Rotweine seit einigen Jahren von einer großen stilistischen Vielfalt geprägt sind, macht die Sache nicht einfacher.
Dementsprechend breit gestreut waren die Meinungen zu den verschiedenen Prototypen in unserer Verkostung. Die einen erfreuten sich an den feingliedrig-eleganten, die anderen an den kraftvoll-kantigen.
Wirklich einig war man sich nur in ganz wenigen Fällen. Dann nämlich, wenn beim Überschminken des eher bescheidenen Rohmaterials zu dick aufgetragen wurde: Mit offensichtlichem Restzucker, kitschigem Holz oder diversen Konzentrationsverfahren und entsprechend deutlichen unreifen Aromen und Tanninen.
Wie es scheint, lassen sich Produzenten davon in der Blindverkostung weniger täuschen, als andere Verkoster.
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