Obwohl der Boden wahrscheinlich das größte Kapital des Weinbauern ist, wird er von manchen weder als solches verstanden, noch gewürdigt, oder gar bewußt gehegt und gepflegt.
Das liegt auch (aber bei weitem nicht ausschließlich) daran, dass der Boden selbst und seine Bewirtschaftung eine ziemlich komplexe Sache darstellt. Ersteres habe ich bereits in meiner Serie „Pedologische Sprachverwirrung“ versucht, zu erklären, weshalb sich die nächsten Beiträge die Bearbeitung der Erde drehen werden.
Bodenqualität im Wandel der Zeit
Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein erfolgte die Bearbeitung des Bodens zwischen den Weinstöcken nach dem gleichen Schema und mit den gleichen Methoden wie bereits im Mittelalter und wahrscheinlich auch schon davor.
Die Reben waren dicht gepflanzt, und der knappe Raum dazwischen wurde von Hand oder mit Ochs und Pferd bearbeitet. Die Lockerung des Bodens sollte ein Überhandnehmen von Unkräutern verhindern, den Rebwurzeln bessere Bedingungen bieten und Wasser und Nährstoffe leichter verfügbar machen.
Allein der dafür notwendige enorme Arbeitsaufwand verhinderte ein zu häufiges Umbrechen der Erde, und bei dem vergleichsweise geringen Gewicht von Mensch, Tier und Arbeitsgerät war auch nicht an eine Verdichtung des Bodens zu denken.
Auch die ersten Traktoren waren noch relativ leicht und verursachten diesbezüglich keine Probleme. Allerdings erleichterten sie die Bodenbearbeitung dramatisch und machten möglich, was es davor wohl kaum gegeben hatte: einen großflächig und dauerhaft unbewachsenen (d.h. „offenen“) Boden zwischen den Rebstöcken.
Jahrzehntelang wurde (und wird bis heute) in vielen Fällen die oberste Bodenschicht während der Vegetationsperiode in Abständen von wenigen Wochen so lange immer und immer wieder gelockert, bis der größte Teil des natürlichen Humusgehaltes abgebaut und der Boden dementsprechend leblos war.
Die „saubere“ Optik frisch umgearbeiteter Erde entsprach dem Weinweltbild der damaligen Zeit, zumal sich die Ertragseinbußen aufgrund mangelnder Bodenfruchtbarkeit recht gut mit Mineraldüngern ausgleichen lassen.
Alle anderen Auswirkungen des Raubbaues durch die zu häufige und falsche Bodenbearbeitung waren damals entweder nicht so wichtig (wie z.B. Einbußen bei der Weinqualität) oder wurden als zwar lästige, aber letztlich kaum vermeidbare Nebenaspekte betrachtet (wie z.B. die zunehmenden Erosionsschäden).
Mit der Verbreitung schwererer Weinbautraktoren verschlimmerte sich die Lage in vielen Fällen sogar noch, weil diese besonders bei humusarmen Böden zu Verdichtungsproblemen in tieferen Schichten führen, die wiederum mit häufiger (und tiefer) Lockerung behoben werden müssen.
Trotz einzelner Pioniere ab den 1960er- und 70er- Jahren setzte aber erst in den 90ern mit der Etablierung (und staatlichen Förderung) des integrierten Weinbaues langsam ein Umdenken in Sachen Bodenbewirtschaftung ein.
Auf welchen Grundlagen dieser Wandel basiert und welche Tücken dabei im Detail lauern gibt es demnächst zu lesen.
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