Weinbauernhandwerk, vom Aussterben bedroht

Heute haben wir zum ersten Mal im heurigen Jahr unsere jungen Reben im zweiten Standjahr an die Metallstäbe angebunden, damit sie nicht vom Wind abgebrochen werden. Dazu verwenden wir Stroh, das seit Jahrhunderten als Bindematerial im Weinbau verwendet wird.

Eine mit Stroh nach oben gebundene Muskat-Rebe im zweiten Standjahr.

Stroh als Bindematerial ist, wenn man es kann, schneller zu verarbeiten als Schnüre oder Bänder. Außerdem läßt es sich beim Rebschnitt im Winter leicht entfernen bzw. ist bis dahin schon von selbst abgefallen und bedarf keinerlei Entsorgung, da es im Weingarten zu Humus verrottet.

Um allerdings mit Stroh arbeiten zu können, braucht man eine spezielle Technik und etwas Übung. Außerdem benötigt man Stroh, das nicht zu dicke und völlig unversehrte, nicht zu kurze Halme hat (also von Hand gemäht wurde). Dieses Stroh wird vor dem Binden für kurze Zeit in Wasser eingeweicht, um biegsamer zu werden.

Obwohl das Binden mit Stroh auch seine Vorteile hat, gibt es kaum noch Winzer, die ihre jungen Reben auf diese Weise fixieren. Von den älteren könnten es wohl die meisten noch, aber in meiner Generation bin ich wahrscheinlich der einzige, der es erlernt hat.

In elf Wochen von null auf 150 Zentimeter

Unsere jungen Muskat-Reben entwickeln sich heuer übrigens prächtig, obwohl sie im Pflanzjahr 2006 nur mäßig gewachsen sind. Die kräftigsten Triebe erreichen bereits jetzt eine Länge von 1,5 Metern.

Junganlage Muskat Ottonel, Riede Wieser, gepflanzt 2006

Vor elf Wochen, am 15. März, haben wir diese Reben erst geschnitten (wie hier berichtet). Damals sahen sie so aus:

Nachher

4 Gedanken zu „Weinbauernhandwerk, vom Aussterben bedroht“

  1. Da könnte man neidisch werden. Meine zweijährigen Reben wollen nicht so richtig. Letztes Jahr klasse gewachsen, nun genau das Gegenteil.

    Mit Langstroh festbinden: Das kenne ich nur aus Erzählungen meiner Großmutter. Die Bindetechnik kommt mir bekannt vor. Die gleiche Bindetechnik, die bei Bindeweiden verwendet wird? Ich finde es gut, das noch ein natürliches Material verwendet wird, welches verrotten kann. Nicht immer diese Plastikmaterialien die noch Jahrzehnte später auf dem Boden liegen.

    Gruß

    Harald Steffens

  2. tolle idee mit dem stroh, auch extrem einleuchtend,
    ABER wieso hat sich das von generation zu generation nicht weiterverbreitet – gerade in see-nähe.
    ist es dann doch teurer und aufwendiger als neue methoden ?
    danke für jede erklärung
    a.

  3. @ Harald:

    Ja, ja, das kennen wohl alle Winzer: Wachsen sie nicht besonders gut im ersten Jahr, sorgt man sich, obwohl das nur wenig über die spätere Entwicklung aussagt.

    Und freut man sich über schöne Reben im Pflanzjahr, vergißt man gelegentlich, daß das nicht immer auch so weitergeht.

    Was die Bindetechnik betrifft, so kenne ich das Weidenbinden zu wenig, um Vergleiche anstellen zu können. Im Prinzip wird das Stroh mit einer besonderen Bewegung so eingedreht und anschließend geknickt, daß es sich nicht mehr von selbst wieder aufdrehen kann. Ein richtiger Knoten ist das eigentlich gar nicht.

    Übrigens: Ein Link in meiner Blogroll zu euren Bildergeschichten folgt demnächst.

    @Andi:

    Teurer ist das mit dem Stroh sicher nicht. Aber wenn man sich das Stroh heutzutage besorgen muß, wird es etwas aufwändig. In Mähdrescherzeiten kann man nicht einfach irgendwelche Strohballen verwenden, sondern müßte eigens für das Binden Getreide von Hand mähen.

    Wir haben das Glück, so viel zum Binden geeignetes Stroh auf einem alten Dachboden geerbt zu haben, daß sich dieses Problem bisher nicht gestellt hat (und die nächsten 10 Jahre nicht stellen wird).

    Außerdem ist das Binden mit Stroh nur bei jungen Reben interessant. Alte Reben brauchen bei den heutigen Erziehungssytemen ein dauerhafteres Material, was dazu führt, daß die Bindetechnik mit Stroh nur alle paar Jahre (wenn es wieder einmal eine Junganlage gibt) genützt und geübt wird. Und die heute weit verbreiteten Saisonarbeitskräfte (und die Jungwinzer) erlernen die Technik unter diesen Bedingungen nur schwer.

    Grüße

    Bernhard

  4. „Strohballen“ ist ein gutes Stichwort: durch das Ernten mit Mähdreschern und das Weiterverarbeiten zu Ballen war nicht nur das Stroh zum Anbinden nicht mehr geeignet – gleichzeitig sammelten sich in den Ställen auch die Schnüre, mit denen das gepresste Stroh zusammengebunden war. Und die wurden (zB von meinen Großeltern) stattdessen zum Anbinden verwendet.

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