Ab 1. Jänner sind alle österreichischen Betriebe, die eine gewisse, relativ niedrig angesetzte Umsatzgrenze überschreiten verpflichtet, ihre Bareinnahmen über eine elektronisches Kassensystem zu registrieren. Und ab 1. Jänner 2017 müssen die Kassenbuchungen und -belege mit einer zertifizierten elektronischen Signatur versehen sein. Damit soll Steuerhinterziehung unmöglich gemacht oder zumindest deutlich erschwert werden.
Dieses Ziel ist durchaus nachvollziehbar, obwohl man natürlich auch den Zusammenhang zwischen extrem hoher Abgabenquote in unserem Land, nicht vorhandener Bereitschaft der Politik zum Sparen und Steuervermeidung nicht übersehen sollte.
Für uns Weinbauern ist die neue Regelung aus verschiedenen Gründen eine ziemliche Herausforderung:
Anders als in klassischen Handelsgeschäften gibt es beim Ab-Hof-Verkauf keine relativ gleichmäßige Kundenfrequenz. Tage und Wochen ohne Kunden wechseln mit extremen Stoßzeiten bei Veranstaltungen wie Tagen der offenen Kellertür. Ein zweiter Rechnungsblock ist da schnell aufgelegt, eine zweite Registrierkasse, die den Rest des Jahres nur im Regal verstaubt aber wohl kaum wirtschaftlich.
Sehr viele Weinbauern erzielen nicht nur ab Hof Bareinnahmen, sondern auch beim Liefern ihrer Weine. Dafür muß das Kassensystem entweder mobil sein (wobei sich die Frage stellt, wie man es organisiert, wenn gleichzeitig auch zu Hause verkauft wird) oder die beim Liefern zulässigen handgeschriebenen Rechnungen müssen nachträglich mit zusätzlichem Aufwand in die Kassa eingegeben werden.
Viele Weinbauern führen ihre Betriebe – oft durchaus wirtschaftlich erfolgreich – ohne jegliche Computerkenntnisse. Und dort wo der Betriebsführer in solchen Dingen fit ist, helfen weniger computerkundige Eltern und Schwiegereltern oft im Verkauf mit. Sie sind eher anwesend, wenn Zufallskunden läuten und kennen die Stammkunden zum Teil seit Jahrzehnten. Ohne digitale Grundkenntnisse ist aber kein Kassensystem vernünftig zu bedienen.
Während Dienstleistungsbetriebe de facto keine und Handelsfirmen vergleichsweise einfache Lagerbuchhaltungen haben, schreibt uns Weinbauern das Weingesetz in Form des Kellerbuches eine relativ komplizierte Lagerverwaltung vor. Verschiedene Qualitätsstufen müssen strikt getrennt, unterschiedliche Mehrwertsteuersätze angewendet und Grenzen für Eigenverbrauch und Schwund eingehalten werden. Die Übernahme der Verkaufsdaten aus der Registrierkasse in dieses System muß rechtlich einwandfrei und ohne all zu großen Aufwand möglich sein.
Und schließlich gibt es – anders als im „normalen“ Geschäft um die Ecke – neben den Bareinnahmen auch einen relativ hohen Anteil an Rechnungsbeträgen, die überwiesen werden. Diese müssen zwar nicht zwangsläufig über die Registrierkasse laufen (und manche Systeme können das auch gar nicht), aber wenn sie es nicht tun, braucht es dafür eigene Rechnungsblöcke und ein eigenes Verbuchungssystem.
Die Entscheidung, welches Kassensystem am ehesten zu den eigenen Betriebsabläufen paßt, ist also keine einfache. Und meist auch keine billige. Deshalb habe ich mich in den letzten Tagen intensiv damit beschäftigt, zahlreiche Angebote recherchiert und einige von ihnen auch ausprobiert.
Wer Details dazu wissen möchte, liest hier einfach weiter:
Kassensoftware
Die vom Finanzamt geforderten Kassensysteme haben nur wenig mit dem gängigen Bild von Registrierkassen zu tun. Um die Vorgaben zu erfüllen, braucht es kein eigenes Gerät und keine Geldlade. Mit der richtigen Software kann jeder Computer, jedes Tablet und sogar das Smartphone zur Kassa werden.
Mit fix installierten Programmen bleiben die Umsatzdaten im eigenen Haus und liegen nicht in fremden Datenbanken wie bei Online-Lösungen (siehe weiter unten). Allerdings muss man sich dafür auch selbst um die regelmäßige (auch vom Finanzamt vorgeschriebene) Datensicherung, laufende Aktualisierungen der Software (mit möglichen Kosten) und die ab 2017 erforderliche elektronische Signatur jedes Kassenbelegs kümmern.
Einige Anbieter von Kellerbuch- oder Buchhaltungsprogrammen bieten auch Kassensoftware mit entsprechenden Schnittstellen an, die den Transfer von der Kassa in die Lagerhaltung erleichtern. Dafür fallen allerdings oft zusätzliche Kosten an, wenn man die Kassensoftware nicht nur am Büro-PC sondern auch z.B. auf Tablets im Verkostungsraum oder mobil nützen möchte.
Money Maker
Diese Buchhaltungs-Software bietet sie Kassensoftware als Zusatzmodul an, weshalb nicht nur 199 Euro pro Jahr für die Kassa sondern auch 99 Euro für das Grundmodul (und Einrichtungskosten) zu zahlen sind. Das Buchhaltungsprogramm ersetzt allerdings nicht das Kellerbuch und man kauft daher meiner Einschätzung nach hier Funktionen mit, die man nicht benötigt. Dafür lassen sich aber die Kassendaten dank ausgiebiger Statistikfunktionen wohl relativ einfach gebündelt manuell ins Kellerbuch zu bringen. Die Bedienung der Kassensoftware ist meiner Meinung nach eher kompliziert.
LBG Agrarsoftware
LBG bietet nicht nur Software zur Führung des amtlichen Kellerbuches, sondern auch ein Kassenmodul. Das erleichtert den Datentransfer wenn man sein Kellerbuch mit LBG-Software führt. Allerdings erscheinen mir die Kosten dafür relativ hoch (einmalig 640 Euro bzw. mit Installation und Schulung deutlich mehr und 144 Euro jährlich für die Wartung) und die Kassa selbst nicht ganz so bedienerfreundlich wie andere. Möchte man die Software nicht nur über einen PC nützen (auf dem z.B. auch das Kellerbuch läuft), sondern auch über andere Computer (die z.B. näher am Verkaufsgeschehen sind), fallen weitere Kosten an.
Easy 2000
Diese Firma bietet ab rund 200 Euro einmaligen Kaufpreis oder als Mietlösung eine günstige Kassensoftware, die allerdings immer wieder kostenpflichtig aktualisiert werden muß. Im kurzen Probebetrieb erschien mir diese Lösung als durchaus praktikabel, allerdings auch nicht unbedingt sehr anwenderfreundlich.
Open Source
Auch kostenfreie Open-Source-Software ist für die Umsetzung der Kassenpflichten verfügbar. Dazu gibt es für Abonnenten einen guten Artikel in der Zeitschrift „Der Winzer„, und eine frei lesbare Zusammenfassung auf der Seite der Weinbauschule Eisenstadt mit weiterführenden Links.
Im kurzen Probebetrieb erschien mir die Lösung durchaus praktikabel, allerdings eher für informatik-affine Anwender was die Installation und Wartung und auch die Bedienung betrifft. Dafür fallen aber auch keine Kosten für die Software an (und die Kosten für die Hardware reichen wie bei allen anderen Lösungen von Null bei Nutzung vorhandener PCs und Drucker bis zu den Anschaffungskosten für Laptops, Tablets, mobilen oder stationären Bondruckern).
Online-Lösungen
Neben einer eigenen Kassa gibt es auch die Möglichkeit, Software und Kassadaten über das Internet zu nützen. Dabei läuft das Kassenprogramm auf einem fremden Computer, der auch die eigenen Daten speichert und der (zum Teil auch gleichzeitig) über verschiedene Geräte via Internet erreichbar ist.
Um die laufende Sicherung der Daten und die Anpassung an die gesetzlichen Vorschriften kümmert sich in diesem Fall (hoffentlich) der jeweilige Anbieter, dem man sich mit dieser bequemen Lösung aber natürlich auch bis zu einem gewissen Grad ausliefert. Fällt der eigene PC zu Hause aus, kann man die Kassa zwar immer noch über andere Geräte nützen, ohne Internet geht aber freilich nichts.
Zahlreiche Anbieter solcher Kassendienste buhlen vor allem um die Gunst von Klein- und Mittelbetrieben.
Kostenlose Registrierkasse
Die Basisvariante dieses Online-Anbieters ist kostenfrei. Mir erschien die Menüführung für den alltäglichen Gebrauch etwas kompliziert, aber mit einem Testzugang kann jeder selbst ausprobieren, wie es ihm damit geht.
Hellocash
Ebenfalls gratis ist die Basis-Kassa von Hellocash. Leider ist für meinen Geschmack die Stückzahleingabe beim Kassieren unnötig kompliziert. Dafür punktete man mit sehr freundlichen und prompten Infos am Telefon.
Pocketbill
Dieses System ist mit 5 Euro pro Monat zwar nicht kostenlos, aber relativ günstig. Allerdings ist Pocketbill stark auf Gesundheitsberufe ausgerichtet und bietet beim Anlegen von Artikeln und in der Menüführung den allermeisten Weinbauern wohl zu wenige Möglichkeiten für Ihre Produkte.
Ready2Order
Auch bei diesem Anbieter konnte ich gute Erfahrungen mit dem Support machen. Die Kassa ist meiner Meinung nach sehr einfach zu bedienen und gefällt mir gut. Ob das am Umsatz orientierte Verrechnungsmodell zum eigenen Betrieb paßt, muß jeder selbst berechnen. Bei einem Umsatz von 2333 Euro (netto) im Monat liegt die Monatsgebühr bei 14 Euro. Dafür fallen in den ab Hof umsatzschwachen Wintermonaten entsprechend geringere Kosten an.
Shoperate
Bei diesem Anbieter habe ich nur den Preis recherchiert. Der liegt laut Website bei „ab 24 Euro“.
Intellibon
Dieser Service kostet laut Website „ab 29 Euro“. Getestet habe ich ihn nicht.
123Bon
Die monatlichen Kosten bei diesem Anbieter liegen laut Website bei „ab 30 Euro“.
Das Kellerbuch und Winenet
Diese beiden Online-Kellerbuch-Anbieter bieten auch Kassenmodule für ihre Nutzer. Das Kellerbuch dürfte eine eigene Lösung haben, Winenet arbeitet laut eigenen Angaben an einer Schnittstelle zu Ready2order. Die Kosten dafür habe ich allerdings nicht recherchiert.
Nach eingehender Recherche und verschiedenen Testversionen habe ich mittlerweile zwar zwei, drei Favoriten, aber noch keine Entscheidung für unseren Betrieb getroffen.
Vielleicht hilft dieser Beitrag dem einen oder anderen bei seinem Entscheidungsprozess, wenngleich meine Auswahl und Beschreibung natürlich rein persönlich und willkürlich ist und die Preisangaben nicht verbindlich sind.
Über Erfahrungsberichte betroffener Kollegen hier unten in den Kommentaren würde ich mich freuen. Ich werde mich bemühen, sie zeitnah freizuschalten.
Wir nutzen schon seit über 1 Jahr die Software von Cashy Pos (am iPad) und sind total begeistert! Einmalige, überschaubare Kosten beim Kauf der App, einfache, unkomplizierte Bedienung – einfaches Anlegen der Artikel….
Leider ist es im Moment nicht für die erforderliche Signatur ab 2017 gerüstet- ob diesbezüglich ein Update kommt steht seitens der Firma Cashy Pos noch nicht fest!
Danke Beate. Und liebe Grüße nach Gols!
Danke für den Beitrag! Sehr aktuelles Thema bei mir. Arbeite seit längerem mit Money Maker und es ist leider wirklich relativ kompliziert, daher überlege ich mir umzusteigen. Haben Sie sich schon entschieden welches System/ Programm Sie in Zukunft verwenden werden?
MfG
Sorry für die Verspätung. Ich habe mich vor ein paar Tagen fix für ready2order entschieden.
Viele Grüße
Bernhard Fiedler
Wir arbeiten seit 2016 mit dem Winenet-Kellerbuch und ich kann jedem empfehlen sich diese Lösung anzuschauen.
Super Konzept, sehr schnell und fehlerlos. Ausserdem einziges Kellerbuch welches vollständig auch Mobil zu bedienen ist (Smartphone).
Gilt als Registrierkasse! (wenn man keine Touch-Lösung braucht). Sonst einfach mit ready2order koppeln.