Das Wetter läßt sich – trotz Hagel zum Glück – nicht ändern. Wir Weinbauern haben aber viele Möglichkeiten, um auf seine Folgen zu reagieren. Und weil es in der Lesezeit meist recht hektisch zugeht, spielt man als verantwortungsvoller Kellermeister schon vorab alle Szenarien durch:
Im Weingarten…
Bei (in Relation zur Traubenreife) spätem Hagelschlag wie heuer sind die Optionen im Weingarten ziemlich begrenzt. Bis auf den späten Cabernet Sauvignon haben wir schon vor dem Hagel alle Sorten auf einen wirtschaftlich und qualitativ sinnvollen Ertrag eingestellt. Ein großzügiges Wegschneiden der beschädigten Trauben zum jetzigen Zeitpunkt ist deshalb nur mehr beim Cabernet möglich.
Bei den anderen Sorten können wir lediglich bei der Ernte versuchen, beschädigte und vor allem von Fäulnis befallene Trauben auszusortieren. Je nach Schaden und angestrebtem Qualitäts- und Preisniveau entweder Beere für Beere oder auch z.B. durch eine getrennte Ernte der beiden Seiten eines Weinstockes. Fast immer ist nämlich nur eine Seite der Laubwand (und damit der Trauben) vom Hagel beschädigt.
Um Fäulnis vorzubeugen (und da wir ja kein trockenes, windiges Wetter bis zur Ernte bestellen können) haben wir außerdem in einigen Weingärten die Trauben mit einem biologischen Fäulnisbekämpfungsmittel behandelt. Das hat im Unterschied zu den konventionellen Mitteln praktisch keine Wartefrist bis zur Ernte, denn schließlich wollen wir keine Pflanzenschutzmittelrückstände in unseren Weinen riskieren.
Trotzdem ist wohl damit zu rechnen, dass manche vom Hagel verletzte Beeren zu faulen beginnen. Selbst wenn sich dabei eine saubere Botrytis einstellt (wobei die Trauben für echte Edelfäule noch nicht reif genug sind), ist das für fruchtbetonte, trockene Weine ein qualitativer Nachteil. Ganz schlimm wird es, wenn sich Essigsäurebakterien und andere Mikroorganismen auf den Beeren ansiedeln.
Aber auch jene Beeren, die zwar angeschlagen, aber nicht aufgeplatzt sind, können den Geschmack negativ beeinflußen. Um die strapazierten Schalen zu verstärken, lagert die Rebe nämlich vermehrt Tannine ein, die den Weinen eine bittere Note verleihen können, wenn man falsch darauf reagiert.
…und im Keller
Die wichtigste Maßnahme im Umgang mit potentiell stärker mikrobiologisch und durch Bitterstoffe belastetem Traubenmaterial ist eine möglichst kurze Kontaktzeit des Saftes mit den Traubenschalen. Diese sind weit stärker „kontaminiert“ und liefern in solchen Situationen mehr Schlechtes als Gutes. Auch wenn es fast zu einfach klingt, kann eine rasche Verarbeitung und der Verzicht auf eine Maischestandzeit beim Weißwein einen enormen Unterschied machen.
Beim Rotwein gelingt das nicht ganz so einfach, denn für Farbe, Aroma und Tannin müssen die Weine zumindest ein paar Tage mit den Schalen („auf der Maische„) gären. Um das mikrobiologische Risiko gering zu halten, werde ich im Fall des Falles aber heuer wohl schon zu Most oder Maische SO2 zugeben. Das hemmt Enzyme, die in faulen Beeren zu Qualitätsverlusten führen, erschwert Essigsäurebakterien und Co. die Vermehrung und schützt Most und Wein vor zu starken Reaktionen mit Sauerstoff aus der Luft.
Auch ein rascher und sauberer Gärbeginn schützt den Most vor unerwünschten Entwicklungen. Bei nicht wirklich perfekten Trauben werde ich deshalb keine Spontangärungs-Experimente starten, sondern wie ohnehin meistens Reinzuchthefen verwenden.
Um das Risiko zu streuen werde ich außerdem heuer noch mehr Einzelchargen vinifizieren als sonst. Der Hagel hat unsere zahlreichen (aber kleinen) Weingärten unterschiedlich stark getroffen und es wäre nicht sinnvoll, geschädigte und nicht geschädigte Lagen gemeinsam zu verarbeiten, nur weil wir das immer so machen.
Natürlich sind auch zahlreiche zugelassene Mittel auf dem Markt, um verschiedenste Weinfehler wie z.B. Bitterstoffe im Nachhinein aus den Weinen zu entfernen. Ich verdamme diese auch nicht grundsätzlich, bin aber der Meinung, dass Vorbeugen im obigen Sinne besser ist als heilen, und verkaufe eine nicht gelungene Charge lieber anonym im Faß als sie abfülltauglich zur reparieren.
Insgesamt gehe ich aber davon aus, dass wir mit sorgfältiger Handlese und kleinen Adaptionen meiner üblichen Kellerwirtschaft auch den 2014er gut meistern werden.