Der österreichische Rotwein hat in den letzten 25 Jahren enorm an Qualität zugelegt. Geht es mittlerweile vorwiegend um Stilfragen und die Feinadjustierung der diversen Schrauben, an denen man als Weinbauer und Kellermeister drehen kann, standen am Beginn des Weges zum heutigen Standard einige wenige Meilensteine.
Im Weingarten legten deutlich niedrigere Erträge und ein besseres Verständnis für die Traubenreife und den optimalen Lesezeitpunkt den Grundstein für hochwertige Weine. Und im Keller helfen seither Technik und Know-How rund um die Maischegärung, der biologische Säureabbau und das Wissen um die Verwendung von mehr oder weniger neuen Eichenfässern die Qualität der Trauben auch in die Flasche zu bringen.
Während diese Aspekte des heimischen „Rotweinwunders“ den meisten Weininteressierten relativ geläufig sind, ist ein weiterer, meiner Meinung nach kaum weniger wichtiger, weitgehend unbekannt.
Im Unterschied zu den Weißen brauchen die Rotweine Sauerstoff (hier der Einfachheit halber auch als Luft bezeichnet) für ihre Entwicklung. Er ermöglicht und/oder verbessert nicht nur die Verbindung von Farbstoffen und Tanninen die dadurch stabiler und runder werden, sondern fördert auch die Entfaltung des Aromas das nach dem biologischen Säueabbau nicht selten von unangenehmen Nebenaromen überlagert wird.
Wann und wie man die Roten mit Sauerstoff versorgt, hat viel mit Sensorik und Erfahrung zu tun. Nicht immer reicht nämlich die Lagerung in Fässern (die bei einfacheren Qualitäten in den meisten Kellern noch dazu eher die Ausnahme darstellt) aus, um dem Wein genügend Luft für seine Entwicklung zur Verfügung zu stellen.
Oft wirkt ein Umfüllen des Weines in einen anderen Behälter samt intensivem Luftkontakt zum richtigen Zeitpunkt wahre Wunder. Noch besser ist aber auch beim Rotwein vorzubeugen statt zu heilen, zumal die gärende Maische und die jungen Weine am meisten Sauerstoff benötigen und das Risiko von negativen Oxidationserscheinungen in diesem Stadium wesentlich geringer ist, als bei nahezu fertigen Weinen.
Angeregt durch unseren früheren Berater mache ich mir deshalb seit vielen Jahren die Mühe, alle unsere Roten während der Gärung täglich intensiv zu belüften. Bei jedem Mischvorgang der gärenden Maische plätschert der Saft über eine spezielle Vorrichtung, die die Aufnahme von Sauerstoff verbessert.
Das erspart mir zwar nicht, den Weinen auch später noch Luft für ihre Entwicklung zur Verfügung zu stellen, aber die weitere Kellerwirtschaft geht dadurch auch bei den Rotweinen deutlich mehr in die Richtung des „kontrollierten Nichtstuns“, wie wir sie bei den Weißen recht ausgiebig praktizieren.
Ohne an Reifepotential einzubüßen wirken unsere Weine dank ausreichender Sauerstoffversorgung während der Gärung und im Jungweinstadium schon in ihrer Jugend wesentlich ausgeglichener als früher und brauchen keine Hauruck-Aktionen um sie abfüllbereit zu machen.