Eine Musikkritik ist wie jede Kunstkritik von vornherein eine subjektive Angelegenheit. Ich kann nur schreiben, wie es mir persönlich bei einer Aufführung geht – da halbwegs bei der Sache zu bleiben, dazu hilft mir die Erfahrung, die ich gesammelt habe, und das erlernte Wissen. …
Es ist viel mehr objektivierbar, als man gemeinhin glauben möchte. Ob einer die Noten alle abliefert, wie sie geschrieben sind, ob etwas laut oder leise ist, ob ein Tenor das hohe C erreicht oder nicht, das alles sind nachprüfbare Fakten. Nur: Um die geht es in der Regel nicht wirklich. …
Es stimmt ja auch der alte Spruch, dass das Wesentliche nicht in den Noten steht – sondern zwischen den Zeilen. Womit wir uns aber eben auf dem gefährlichen Terrain der Unwägbarkeiten bewegen. Nur diese Unwägbarkeiten machen Kunst aus. Daher ist natürlich jede Aussage darüber zwangsläufig subjektiv.
„Presse“-Musikkritiker Wilhelm Sinkovicz (als Befragter) in einem Interview mit Angelika Kirchschlager (als Gast-Chefredakteurin) in der heutigen Jubiläumsausgabe der „Presse am Sonntag„.