Rebschnitt (4)

In meinem zweiten Blog-Winter widme ich mich auch dem Rebschnitt. Unterhalb des ersten Beitrages entsteht nach und nach ein Überblick über die gesamte Serie in Form von Querverweisen zu den einzelnen Teilen.

Der Bogenschnitt (Guyot)

Bei dieser Art des Schneidens sind die Fruchtaugen (Knospen) für das kommende Jahr auf einem oder zwei längeren einjährigen Trieben angeordnet, die beim Rebschnitt belassen werden. Salopp könnte man eine Anleitung zum Bogenschnitt daher etwa wie folgt formulieren:

Suche einen schönen, gesunden und kräftigen einjährigen Trieb möglichst nahe beim Rebstamm und kürze ihn so, dass die erwünschte Anzahl von Augen erhalten bleibt. Anschließend entferne alle anderen Triebe aus dem Vorjahr und binde den Fruchtbogen mehr oder weniger waagrecht oder halbrund am dafür vorgesehenen Draht fest.

In der (tagesaktuellen) Praxis sieht der Rebstock vor dem Schnitt zum Beispiel so aus:

Vor dem Schnitt

Nach dem Schneiden und dem Entfernen der nicht benötigten Triebe wirkt der selbe Stock ziemlich kahl:

Nach dem Schnitt

Und auch der nächste Arbeitsschritt, das Binden der Fruchtbögen, ändert daran nichts:

Nach dem Anbinden

(Um einen klareren Foto-Hintergrund zu bekommen habe ich den Endstock einer Rebzeile ausgewählt, der selten so exakt bearbeitet werden kann, wie die restliche Reihe. An den Lichtverhältnissen sieht man, dass wir im Moment auf Hochdruck bis in die Dämmerung hinein am Abschluß des Rebschnittes arbeiten 😉 . Für unsere Verhältnisse sind wir zwar früh dran, aber die Natur ist heuer noch ein klein wenig schneller…)

Hier sieht man, wie ein sehr exakt formierter und von uns bevorzugter Flachbogen aussieht:

Flachbogen

Und im Weingarten des Nachbarn findet sich eine deutlich rundere Form:

Rundbogen

Vorteile

Der Bogenschnitt ist einfach zu erlernen und durchzuführen. Außerdem sorgt er für eine sehr gleichmäßige Verteilung der Triebe. Die Augen des Fruchtbogens und die daraus wachsenden Triebe haben einen halbwegs gleichmäßigen, optimalen Abstand um die
10 Zentimeter.

In Junganlagen ist diese Art des Schneidens rasch und einfach zu etablieren. Später hält sie den Stock sehr kompakt und vermeidet dadurch eine Vergreisung einzelner Teile. Außerdem kann sie von Jahr zu Jahr einfach an sich ändernde Bedingungen (Frostschäden, höhere oder niedrigere angestrebte Erträge,…) angepaßt werden, indem einfach ein längerer (oder ein zusätzlicher zweiter) oder aber auch ein kürzerer Fruchtbogen angeschnitten wird.

Nachteile

Der Bogenschnitt ist nicht so stark zu mechanisieren, wie der alternative Kordonschnitt. Da zumindest ein relativ langer einjähriger Trieb benötigt wird, kann mit Vorschneidegeräten nur ein kleinerer Teil des mühsamen Entfernens der Triebe aus dem Drahtrahmen mechanisiert werden. Vorschneidegeräte zerkleinern die nicht benötigten Triebe schon vor dem Schnitt im Drahtrahmen und erleichtern das mühsame und zeitaufwändige Entfernen der Triebe.

Besonders lange Fruchtbögen neigen dazu, nicht gleichmäßig aus allen Augen (Knospen) auszutreiben. Das erschwert die spätere Bearbeitung, weil z.B. nicht alle Triebe zum selben Zeitpunkt in den Drahtrahmen gesteckt werden können.

Außerdem erfordert der Guyot-Schnitt einen zusätzlichen Arbeitsdurchgang:

Das Anbinden der Fruchtruten

Das Binden ist eine nicht zu unterschätzende Arbeit, die zwar im Vergleich zum Schneiden recht schnell von statten geht, aber auch ihre Tücken hat.

Da ein exakt gebundener Fruchtbogen für die spätere Verteilung der Blätter und Trauben sehr wichtig ist, achtet man darauf, diesen Arbeitsdurchgang so exakt wie möglich durchzuführen. Nicht selten kommt es dabei vor, dass man mehr möchte, als die Rebe bereit ist, zu geben und Fruchtbögen beim Biegen abbrechen.

Vor allem beim Blaufränkisch passiert das sehr leicht und läßt sich auch durch die Auswahl von besonders günstig stehenden Reben beim Schnitt nicht vermeiden. Bricht der Fruchtbogen ab, nimmt der Stock zwar keinen Schaden, aber er trägt weniger Trauben, als er sollte und der Platz, der ihm in der Laubwand zur Verfügung steht, bleibt ein Jahr ungenützt.

Die halbrunde Formierung der Fruchtbögen ist sehr beliebt, weil sie weniger Bruch provoziert. Außerdem beugt sie der ungleichen Wuchskraft der Augen vor, indem sie die schwächeren Augen in der Mitte des Bogens durch die höhere Stellung fördert und die stärkeren am Ende durch die tiefere Stellung bremst.

Flachbögen sind dagegen schwieriger zu binden und beim Schnitt im nächsten Jahr mühsamer wieder zu entfernen. Sie sind aber unserer Erfahrung nach weniger windbruchgefährdet und führen zu einer besseren, gleichmäßigeren Verteilung der Triebe, Blätter und Trauben.

Schreibe einen Kommentar

Time limit is exhausted. Please reload the CAPTCHA.