Laubarbeit nach Lenz Moser

Laubarbeit nach Lenz Moser

Obwohl die allermeisten Weinbaubücher davon berichten, dass die heimischen Weingärten überwiegend als Hochkultur nach Lenz Moser erzogen sind, ist diese Form der Bewirtschaftung im eigentlichen Sinn in der Praxis (zumindest des Burgenlandes) kaum noch zu finden.

Spätestens mit dem Rotweinboom sind die Stämme der Weingärten nämlich wieder deutlich niedriger geworden, und manchmal sogar kaum mehr als halb so hoch, wie von Moser propagiert. Auch die breiten Rebzeilen von drei Metern und mehr mit entsprechend niedriger Pflanzdichte sind in den meisten Betrieben Geschichte (so es sie überhaupt je gegeben hat).

Und selbst dort, wo es noch hohe Stämme und breite Reihen gibt, fehlt heutzutage fast immer eines der wesentlichsten Elemente der Reberziehung nach Lenz Moser.

Der war nämlich davon ausgegangen, dass sich die einzelnen Triebe selbst ihren besten Platz an der Sonne suchen und auf diese Weise ohne menschliche Laubarbeiten eine gute Verteilung der Blätter ergibt.

Etwa ein Drittel der Triebe würde dann von allein gerade nach oben in den Drahtrahmen wachsen und jeweils ein weiteres Drittel an beiden Seiten abstehen (und deshalb breite Rebzeilen benötigen).

Mit zunehmender Länge und steigendem Traubengewicht sinken die seitlichen Triebe nach unten (wofür die hohen Stämme Platz schaffen) und der Weinstock verfügt über eine Laubwand, die vom Boden bis in mehr als zwei Meter höhe reicht. Zumindest in der Theorie.

In der Praxis durchkreuzt der Wind sehr oft diesen Plan, und es finden sich kaum Triebe auf der Windseite, wenige im Drahtrahmen und die allermeisten in einem Dickicht auf der windabgewandten Seite der Weinstöcke.

Eine gute Dreiteilung der Laubwand ist deshalb oft nur mit händischer Laubarbeit möglich, die Lenz Moser aber eigentlich weitgehend einsparen wollte…

Dazu kommt noch, dass windbruchgefährdete Sorten wie Blaufränkisch oder solche mit stark hängendem Wachstum wie Neuburger trotz Laubarbeit nicht wirklich für dieses System geeignet sind. Und dass viele moderne Weinbaugeräte nur oder zumindest besser funktionieren, wenn alle Triebe relativ streng nach oben formiert werden.

Außerdem haben sich seit dem Wirken von Lenz Moser die Voraussetzungen im Weinbau deutlich gewandelt. Es geht heute  nicht mehr um die möglichst preisgünstige Produktion von großen Weinmengen, sondern um hohe Qualität, und der Konsument ist durchaus bereit, die dafür notwendige Laubarbeit zu bezahlen.

Deshalb ist es nur eine kleine Reminiszenz an die Weingartenbewirtschaftung der 1970er und 80er-Jahre in unserem Betrieb, dass wir heuer in einem kleinen Teil unseres Traminer-Weingartens Laubwandgestaltung a la Lenz Moser betreiben.

2 Gedanken zu „Laubarbeit nach Lenz Moser“

  1. Hallo Bernhard,

    einmal laienhaft gefragt: bringt bei den heute üblichen Ertragsreduzierungen eine so große Laubfläche überhaupt noch einen Vorteil? Wenn ich da z.B. an Stockkultur oder Kopferziehung denke, die ja viel weniger Blattfläche bringen, aber trotzdem sehr hochwertige Weine.

    Grüße,
    Gerald

  2. Hallo Gerald,

    das ist alles sehr schwierig und kompliziert 😉

    Einerseits stoßen da zwei Weinbauweltanschauungen aneinander: Die einen sehen nur die Vorteile von kleinen, dicht gepflanzten Stöcken mit naturgemäß wenig Blattfläche aber auch geringem Traubenbehang am einzelnen Stock. Und die anderen bevorzugen eher etwas weiter gepflanzte Weingärten, in denen die Laubwand höher sein kann, ohne gleich die nächste Zeile zu beschatten wobei diese höhere Blattfläche pro Stock (für den gleichen Hektarertrag wie bei höherer Dichte) auch mehr Trauben versorgen muß.

    Das beides seine Vor- und Nachteile hat (und je nach Bodenart und -wüchsigkeit, Rebsorte, Klima, Mechanisierung, gewünschter Bodenpflegestrategie, etc. die einen oder anderen überwiegen) wird von den Dogmatikern unter den Winzern und Weinfreaks gerne übersehen.

    Andererseits gibt es diesbezüglich auch eine historische Komponente, die man berücksichtigen muß. Pro Traube hat das Lenz-Moser-System in seiner Blütezeit nämlich „dank“ der extrem niedrigen Stockdichte (von z.B. 2700 Stöcken pro Hektar) und der üblichen hohen Erträge gar nicht so viel Blattfläche gebracht.

    Es war einer der größten Brocken in der Qualitätsentwicklung des österreichischen Weines in den letzten Jahrzehnten, dass man gleichzeitig sowohl die Blattfläche erhöht als auch die Traubenanzahl reduziert hat. Und weil dadurch die Vorteile von Lenz Moser weitgehend obsolet geworden sind, hat man sukzessive auch die Pflanzdichte wieder (etwas) erhöht.

    Natürlich gibt es über einem gewissen Verhältnis von Blattfläche zu Traubenanzahl keinen weiteren Qualitätsgewinn mehr. Z.B. weil man die vielen Blätter nicht mehr unterbringt, ohne dass sie sich selbst beschatten. Oder weil der Wasserverbrauch der Rebe in qualitätsschädliche Höhen klettert. Bei den in Österreich gängigen Pflanzdichten, Erziehungssystemen und Ertragsniveaus wird dieses Verhältnis aber wohl höchstens vereinzelt überschritten.

    Immerhin darf man nicht vergessen (auch wenn die Diskussion um die hohen Alkoholwerte vielleicht etwas anderes nahelegt), dass wir uns in einer eher kühlen Weinbauzone befinden, in der Unreife ein größeres Problem darstellt(e), als Überreife. Wobei sich diesbezüglich langsam ein Umdenken abzeichnet, und die Zeit der Extremlaubwände vorbei zu sein scheint.

    Grüße

    Bernhard

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