Ein Blog-Leser und Hobbywinzer aus dem Weinviertel hat mir per E-Mail ein paar Fragen gestellt, deren Beantwortung ich versprochen habe, sofern ich dies öffentlich tun darf. Voila:
Bisher wurde der Weingarten mehrmals im Jahr durchgefräst und zwischen den Stöcken „geschert“. Vor/Nachteil? Überschwemmungen hatten wir durch Regenfälle nie.
Ein längerfristig offen gehaltener Boden „spart“ Wasser (was man an vitaleren Reben in längeren Trockenphasen merken kann), ist etwas wärmer als begrünter Boden (was die Reife ein klein wenig verfrühen kann) und bewirkt eine niedrigere Luftfeuchtigkeit im Weingarten (was sich möglicherweise in einem etwas geringeren Infektionsdruck für beide Mehltauarten zeigen kann).
Gerade die Fräse (d.h. eine intensive, feinkrümelige, seichte Bodenbearbeitung) zerstört aber besonders stark das Krümelgefüge des Bodens, was eine geringere Wasseraufnahmefähigkeit bewirken kann (womit mehr Regenwasser oberflächlich abfließt und gar nicht vom Boden aufgenommen wird). Außerdem bewirkt ein offener Boden (wiederum ganz besonders stark die Fräse) einen deutlichen Humusabbau, was die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens deutlich reduziert (weshalb begrünte Weingärten trotz des höheren Wasserverbrauches in Trockenperioden oft nicht schlechter ausschauen, als offene).
Begrünter Boden ist außerdem nach Regen schneller und besser wieder befahrbar und reduziert die Gefahr von Bodenverdichtungen. Eine halbwegs gesteuerte Begrünung kann Nährstoffe (vor allem Stickstoff) dann abgeben, wenn sie die Rebe braucht, und dann binden, wenn sie nicht benötigt werden (und entweder ins Grundwasser ausgewaschen würden, oder bei nassem Wetter vor der Ernte einen Wachstums- und damit Fäulnisschub bewirken könnten).
Welche Begrünung?
Die einfachste und billigste Variante ist eine kontrollierte (d.h. von Zeit zu Zeit gemähte) Naturbegrünung. Sie benötigt keine längerfristige Strategie, kein Saatgut, keine Sätechnik und wenn man es sich doch anders überlegt oder die Umstände es erfordern, dass man sie umbricht, ist es nicht so schade drum, weil sie ja recht schnell wiederkommt.
Bei häufigem Mähen setzt sich normalerweise das Gras durch und dominiert die Begrünung. Es können sich allerdings auch hartnäckige Problemunkräuter halten (die dann unter den Stöcken Probleme machen und auch in der Fahrgasse nicht wirklich erwünscht sind). Gräserdominierte Begrünungen sind zwar gut befahrbar, haben aber (so wird es immer wieder berichtet) trotz der seichten Wurzeln einen enorm hohen Wasserbedarf. Außerdem stabiliseren sie den Boden nicht so gut, wie tiefer wurzelnde Pflanzen, die die Humusbildung, die Bodenlockerung und das Bodenleben besser fördern.
Ideal wäre eine gute Mischung von blühenden Pflanzen (die das Insektenleben und damit auch die Nützlingsflora fördern), von solchen, die seichter und solchen die tiefer wurzeln und das ganze idealerweise auch noch möglichst angepaßt an den jeweiligen Standort.
Wie ich erst unlängst gelernt habe, sollte man solche Begrünungen möglichst nicht oder nur wenig mähen, sondern eher niederwalzen, damit die Pflanzen ihre Samen entwickeln können, und plötzliche Nährstoffschübe durch eine feine Zerkleinerung vermieden werden.
Ich selbst bin in diesem Bereich auch erst am Beginn. Wir haben seit dem Jahr 1995 eine mehr oder weniger durchgehende Naturbegrünung, die gelegentlich gelockert und relativ oft gemäht wird. Trotzdem wächst nicht nur Gras und die Wurzeln gehen auch tiefer als ein paar Zentimeter. Um mehr Blütenpflanzen in den Weingarten zu bringen, experimentieren wir seit dem Vorjahr aber auch mit Begrünungsmischungen, derzeit vor allem mit dem Produkt Rebenfit. Mal sehen, was dabei rauskommt.
Auch zwischen den Stöcken Begrünung? Oder nur in der Fahrzeile?
Wenn Weingarten und Begrünung im Gleichgewicht sind (siehe meine Schlußanmerkung), sollte eine Begrünung auch unter den Stöcken kein all zu großes Problem darstellen. In der Literatur werden dazu niedrig wachsende Kleearten und ähnliches empfohlen.
Problem dabei ist aber natürlich die Frage der Bodenvorbereitung und Aussaat (die wohl nur von Hand möglich ist), sowie das Mähen, denn unter den Stöcken muß die Begrünung auf jeden Fall niedrig gehalten werden. Weiteres dazu gibt es in der Antwort zur nächsten Frage.
Soll man nur einmal am Ende des Jahres bei den Stöcken anhäufen?
Wenn man nur einmal anhäufelt und dazwischen „naturbegrünt“, wird das abhäufeln im Frühjahr von Jahr zu Jahr schwieriger, weil sich mit der Zeit Problemunkräuter festsetzen. Andererseits ist häufigeres Bodenbearbeiten unter den Stöcken auch nicht ohne. Mechanisch (mit an- und abhäufeln oder normalem Stockräumgerät) ist der Arbeitsaufwand hoch und ständige kleine Stockverletzungen sind kaum zu vermeiden. Herbizide verringern den Aufwand, verursachen keine Stockverletzungen, sind aber auch nicht jedermanns Sache.
Ist es sinnvoll Bodenproben analysieren zu lassen – wenn ja wo?
Grundsätzlich ist es natürlich sinnvoll, zu wissen, mit welchem Boden und welcher Nährstoffversorgung man es zu tun hat. Ob die Kosten und der Aufwand für ein Hobby notwendig sind, kann ich jedoch nicht entscheiden. Zumal man so ein Ergebnis auch richtig interpretieren können sollte, um wirklich damit etwas anfangen zu können. Untersuchungen macht z. B.die AGES. Allerdings würde ich die Düngeempfehlungen der heimischen Anstalten, die man gemeinsam mit dem Untersuchungsergebnis erhält eher mit Vorsicht genießen. Meist sind sie – vorsichtig formuliert – eher großzügig bemessen.
Achtung!
Wie hoffentlich in meinen Antworten ersichtlich ist, gibt es (auch) im Bereich Boden und Begrünung kein Patentrezept. Ohne genaue Kenntnis des Weingartens und seiner (Düngungs-, Bodenbearbeitungs- und Ertrags-) Geschichte, seines Bodens und dem aktuellen Stand der Wüchsigkeit sind Infos wie die meinen nicht besonders viel wert.
Wenn z.B. der Humusgehalt des Bodens durch eine langjährige Fräsenbewirtschaftung bereits sehr weit abgesunken ist, sollte man zuerst mit Komposten und anderen Mitteln versuchen, den Boden wieder etwas aufzupäppeln, bevor man sich an einer ernsthafte Begrünung wagt. Besonders abrupte Umstellungen der Bewirtschaftungen gehen meist ins Auge und führen zu schlechteren Resultaten (besonders, was die Traubenqualität betrifft), als eine Weiterführung des vielleicht nicht idealen, aber bewährten Systems.
Es ist deshalb wohl besser, einen Winzer vor Ort zu kontaktieren. Am besten einen, der bereits Erfahrungen mit der Umstellung von offenen auf begrünte Böden hat.