Erwachsenwerden

Junger Rebstamm

Kein Arbeitsgang bringt Übergang von der Junganlage zum „erwachsenen“ Weingarten so auf den Punkt, wie das erste Wegbrechen der Triebe am neu formierten Rebstamm.

Bis dahin verhalten sich  jungen Stöcke anders als ihre älteren Kollegen und genießen deshalb auch eine altersspezifische Sonderbehandlung.

Während nämlich schon aus zweijährigen Rebstämmen nur noch einzelne grüne Triebe sprossen, treiben bei den frisch als Stamm nach oben gebundenen Reben so viele Knospen aus, dass eine Unterscheidung zwischen Stamm und Fruchtholz (wie auch auf dem Foto) nicht wirklich möglich ist.

Erst das Wegbrechen des jungen Grün im unteren Teil der Stöcke weist dem Stamm seine Aufgabe als Leitungs- und Speicherorgan zu, während der obere Teil für den Austrieb und damit für Blätter und Trauben zuständig ist.

Gibt es keine Frostschäden oder andere Ereignisse, die einen neuen Stamm notwendig machen, bleibt das unverändert so bis ins hohe Alter.

4 Gedanken zu „Erwachsenwerden“

  1. Apropos „unverändert so bis ins hohe Alter“: könnte es sinnvoll sein, alte Rebstämme durch neue zu ersetzen, als Prophylaxe gegen holzzerstörende Pilze und Holzwürmer?

  2. Vorbeugend als Prophylaxe würde ich es nicht empfehlen, dazu ist es zu viel Arbeit und schafft (bei nicht sorgfältiger Wundbehandlung) mit der großen Schnittwunde auch eine neue Eintrittspforte für ebensolche Pilze.

    Als Behandlung bei sichtbarem Befall durch holzzerstörende Pilze (Esca) und Phytoplasmen (Stolbur-Schwarzholzkrankheit) kann ein radikaler Rückschnitt bis knapp über die Veredlungsstelle und der Neuaufbau eines Stammes aber in vielen Fällen helfen.

    Auch bei der Revitalisierung alter Weingärten, bei denen wir das Erziehungssystem (d.h. vor allem die Stammhöhe) verändern wollten, haben wir mit dem Neuaufbau der Stämme gute Erfahrungen. Zumindest in den ersten Jahren danach war ein deutlich kräftigeres Wachstum zu bemerken und die Reben wirken bis heute vitaler.

  3. Hast du den Eindruck, daß es in diesen Weingärten auch weniger Stockausfälle gibt als in vergleichbaren Weingärten ohne Verjüngung? (Das würde meine Beobachtungen in einem vor 44 Jahren gepflanzen Weingarten bestätigen.)

    Kürzt ihr bei bei dieser Arbeit alle Stöcke und zieht anschließend die Rebe(n) hoch, oder zunächst parallel zum alten Stock?

    Und hast du Erfahrung mit dem Umveredeln eines Weingartens?

  4. Den Eindruck verringerter Stockausfälle habe ich eigentlich nicht, Michael.

    Vielleicht sind in den Jahren nach der Umstellung tatsächlich weniger Stöcke abgestorben, dafür haben aber einige nach dem Abschneiden des alten Stammes gar nicht mehr ausgetrieben.

    Wir haben schon beide Varianten probiert. Wenn man die Stöcke einfach abschneidet, ist die Ausfallsquote wohl etwas höher (siehe erster Absatz) und man hat ein Jahr ohne Ertrag. Dafür bekommt man dann aber bei den nicht abgestorbenen Stöcken sicher junge Reben in der Stärke, die man braucht und daraus einen schönen, geraden neuen Stamm. Und nach einem Jahr ist das Thema abgeschlossen.

    Wenn man die alten Stämme erst abschneidet, wenn schon ein neuer Trieb parallel dazu gewachsen ist, zieht sich der Verjüngungsvorgang mitunter über mehrere Jahre, weil die Triebe im ersten Jahr oft nicht kräftig genug sind. In dieser Phase hat man dann im Weingarten möglicherweise zwei verschiedene Stammhöhen (wenn man bei der Verjüngung auch die Erzieung umstellt) mit entsprechenden Problemen bei einigen Laubarbeiten.

    Außerdem wachsen die neuen Triebe nicht immer unten aus dem alten Stamm, sondern oft auch nur in der Mitte. Die neuen Stämme sind also nicht selten eine Mischung von teilweise alt und teilweise neu, und sind deshalb nicht immer schön zu formieren.

    Bei allen Nachteilen hat man allerdings bei dieser Methoden kein Jahr ohne Ertrag zu beklagen, was einigen Aufwand wieder wettmacht.

    Grüße

    Bernhard,

    der noch keinen Weingarten umveredelt hat.

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