Seit einigen Jahren gibt es einen deutlichen Trend zu höheren Alkoholwerten im Wein, der (nicht nur) meiner Meinung nach weniger mit dem Klimawandel, als mit einem bewußten Einsatz der Prozente als Stilmittel zu tun hat.
Natürlich bestreitet jeder private und professionelle Weinfreak, der auf sich hält, den Alkoholbomben mitunter einen kleinen Bonus bei der Beurteilung zu geben. Gelten doch vor allem ahnungslose Weinbanausen als „Wuchttrinker“.
Liest man hingegen den Bericht der Sensorik-Spezialistin Eva Derndorfer in der akutellen Print-Ausgabe der Zeitschrift „Der Winzer“ über zwei französische Studien, könnte man freilich zu einem ganz anderen Schluß kommen.
Um die Alkoholvorlieben von Weinkonsumenten zu erforschen, wurden mittels technischer Entalkoholisierung Varianten mit knapp 8, mit 9,5 und mit 11,5 Prozent von einen Syrah mit einem Originalalkohol von 13,5 Prozent hergestellt.
Bei der Verkostung dieser Weine durch verschiedene Testpersonen unter Laborbedingungen wurden diese leichteren Varianten im Durchschnitt ebenso gut empfunden wurden, wie die schweren Originale.
Je höher die Anzahl der Weinflaschen in den Privatkellern der Testpersonen (d.h. wohl je weininteressierter sie sind), desto weniger wurde der alkoholreduzierte Wein allerdings gemocht!
Auch die zweite Untersuchung, die mit einer ähnlichen Methode in den Haushalten der Konsumenten durchgeführt wurde, kam zumindest teil- bzw. ansatzweise zu einem ähnlichen Ergebnis: Weniger weinaffine Konsumenten bevorzugten deutlich alkoholreduzierte Weine eher, als Personen mit höherem Weininteresse.
Hier in Südfrankreich werden ja seit einigen Jahren solche nachträglich „alkoholreduzierte“ Weine angeboten, eben weil sie den Trnkgewohnheiten des durchschnittlichen Weinkunden entsprechen sollen. Ich habe deshalb schon einige probieren önnen – durchaus trinkbar, aber eben eher etwas, für Menschen, die Wein zu geselligen Anlässen eher wie Bier oder Cola trinken, er sollte flüssig sein, nicht uneangenehmim Mund auffallen, nicht groß die Aufmerksamkeit wärend der Tischkonservation in Anspruch nehmen und auch nüchtern genossen beim dritten Glas noch nicht zu sehr in den Kopf steigen. Dafür gibt es, vor allem bei dem modernen Spaß-Marketing für süffige Frucht mit schicken Etiketten bestimmt jede Menge Kunden.
Wenn man eher besinnlich und selten trinkt und dabei bewußt auf den Inhalt der wenigen Gläser achtet, sich gerne mit dem Inhalt beschäftigt, auch nacher noch gerne daran zurückdenkenwill, scheinen mir persönlich das nicht die passenden Weine zu sein. Da kommt es zwar nicht unbedingt auf die Prozente an, die sind aber bei gut gereiften, langsam ausgebauten, konzentrierteren Weinen, die ihr Wandlungsfähigkeit beim Alterungsprozess zeigen, die eben „aufmerksamkeit“ nicht nur erregen, sondern sogar verlagen, meist nur ein natürliches Beiprodukt…
Die Untersuchung ist m.E. so richtig sinnfrei.
Ich stelle mal eine Behauptung auf: Nehmen wir mal einen Wein, der von 3 anerkannten Weintestern als Spitzen- oder Jahrhundertwein deklariert wird. Wenn man sich besser fühlt, dann läßt man die Bewertung von R. Parker mal außen vor.
Und jetzt setzt man diesen Wein einer Gruppe von „Nur-Gelegenheits-Weintrinkern“ vor, die vornehmlich ihre wöchentliche Flasche vom Discounter holen.
Ich bin mir sicher, das einvernehmliche Urteil wäre: der Wein ist nicht gut.
Was soll also diese Untersuchung?
Hallo Iris, hallo Peter!
Ihr habt natürlich beide nicht unrecht, aber auch wenn die Studie nicht unproblematisch ist, und technisch entalkoholisierte Weine wohl nicht das Gelbe vom Ei sind, gibt es hinter meinem Beitrag einen wahren Kern.
Mehr dazu habe ich in einem eigenen Beitrag geschrieben, den man über den automatischen Pingback hier unten erreichen kann.
Herzliche Grüße
Bernhard