Bildergeschichten von der Weinlese (9)

Seit einigen Jahren führe ich über den Gärverlauf jedes Weines genau Buch und bestimme dafür täglich die Dichte des gärenden Mostes.

Dichtemessung mittels Senkwaage

Je nach Zuckergehalt wiegt der Traubensaft vor der Gärung zwischen 1060 und 1100 (oder mehr) Gramm pro Liter. Während die in Österreich gebräuchlichen „Zuckergrade“ der Klosterneuburger Mostwaage etwas anders definiert sind, entsprechen die „deutschen“ Oechslegrade exakt den letzten drei Stellen der Dichte. Ein Most mit einer Dichte von 1073 Gramm pro Liter hat also exakt 73 °Oechsle oder rund 15 °KMW.

Während der Gärung nimmt die Dichte stark ab, weil die Hefe aus dem „schweren“ Zucker des Traubensaftes „leichten“ Alkohol bildet und sehr viel CO2, das zum Großteil aus dem Wein entweicht. Ein trockener Wein liegt je nach Alkohol-, Säure und Extraktgehalt bei etwa 993 Gramm pro Liter oder etwas darunter.

Mit einer täglichen Messung der Dichteabnahme kann man die Intensität der Gärung sehr genau beobachten. Wenn man dabei auch die Temperatur mißt, läßt sich eine schöne Gärkurve zeichnen, die dem Kellermeister hilft, etwaige Gärprobleme frühzeitig zu erkennen und die Kühlung des gärenden Saftes besser zu kontrollieren.

Diese Vorteile sind die tägliche Stunde wert, die es braucht, um Proben von allen gärenden Behältern zu nehmen und zu analysieren. Für gutes Geld gibt es zwar mittlerweile auch Geräte, die schneller und mit einer geringeren Probemenge arbeiten können, aber ich bevorzuge nach wie vor die gute alte Senkwaage.

Dieses dünne Gebilde, von dem auf dem Foto nur der oberste Teil zu erkennen ist, der aus dem Most ragt, ist ein oben und unten geschlossenes Röhrchen aus Glas. In seinem Inneren befindet sich eine Dichteskala, ein Thermometer und kleine Bleikügelchen, mit denen die Senkwaage (oder auch Spindel) geeicht wurde.

In einer leichten Flüssigkeit sinkt die Spindel tiefer ein, als in einer schweren. Und wenn man an der Skala abliest, wie tief sie eingesunken ist, hat man bereits die Dichte der Flüssigkeit bestimmt.

4 Gedanken zu „Bildergeschichten von der Weinlese (9)“

  1. Hallo Bernhard,

    ich bin grad bei der Google Suche auf diesen Eintrag gestoßen. Bei unserem Neuburger zeigt die Mostwaage schon seit 4 Tagen 2 °KMW an. Nachdem sich jetzt 4 Tage nichts verändert hat wird das wohl auch so bleiben. Ist die Mostwaage in diesem Bereich ungenau oder haben wir dann soviel Restzucker?

    Roland

  2. Hallo Roland!

    Zum Messen des Restzuckers ist die Mostwaage (aber auch der Refraktometer) nicht geeignet. Erstens, weil die Mostwaage ja nicht den Zucker direkt angibt (sondern nur über die Dichte auf den Zuckergehalt schließt), und zweitens, weil der bei der Gärung entstehende Alkohol das Dichtegefüge und damit die Messung selbst völlig verändert.

    Mit einer Dichte- (d.h. de facto Oechsle-) Mostwaage kann man vielleicht noch vage Rückschlüsse darauf ziehen, ob der Wein ganz durchgegoren ist, über die KMW funktioniert nicht einmal das wirklich.

    Wenn sich der Wert nicht ändert, kann man aber immerhin auf einen Gärstillstand (egal bei welchem Restzucker) schließen. Dass der Wein durchgegoren ist (und z.B. schwefelstabil bleibt, wenn man SO2 zugibt), kann man nach einer Verkostung wahrscheinlich annehmen, wirklich wissen aber nicht.

    Grüße

    Bernhard

  3. Hab gestern den Restzucker prüfen lassen: 48g beim Frühroten Veltliner und 23g beim Neuburger. Die Gärung verläuft schon recht schleppend, ich überleg ob ich den Wein mit Sekthefe nochmal anstarte. Wieder eine Erfahrung die ich mir gern erspart hätte 🙂

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