Entblättern

Entblätterung bearbeitet

Während man sich als Weinbauer noch vor ein paar Jahren kaum Gedanken darüber gemacht hat, ist die gezielte Entblätterung der Traubenzone heute in vielen Betrieben Standard.

Hier im Weinforum kann man nachlesen, wie Profis darüber diskutieren, und damit Nichtwinzer die verschiedenen Meinungen nachvollziehen können, möchte ich versuchen, dieses komplexe Thema etwas verständlicher zu machen.

Warum entblättern?

Das mehr oder weniger konsequente Entfernen der Blätter in der Traubenzone der Weinstöcke (und nur um diese geht es) hat verschiedene Auswirkungen. So führt z.B. das intensivere Einwirken des Sonnenlichtes zu einer höheren Temperatur während des Reifeverlaufes in den Beeren.

Diese wiederum beschleunigt unter anderem die Säureabnahme während der Reife und den Abbau von „grün“ und unreif wirkenden Aromakomponenten. Gleichzeitig können zu hohe Temperaturen aber auch positive Fruchtaromen zerstören und zu zu einem gekocht-marmeladig wirkenden Bukett führen. Und im Extremfall sogar zum Vertrocknen besonders exponierte Beeren.

Bei starker Besonnung neigen die Trauben außerdem dazu, sich mit einer härteren und dickeren Beerenschale vor Verbrennungen zu schützen. Diese erhöht auch die Widerstandskraft gegen Mehltau und Fäulnis und kann durch ihr Plus an Tanninen die Weinqualität positiv (eher beim Rotwein) oder negativ (eher beim Weißwein) beeinflußen.

Darüber hinaus führt das Entblättern zu einer besseren Durchlüftung der Traubenzone, was wiederum die Gefahr von Mehltau und vor allem Fäulnis auf den Trauben deutlich reduziert. Einerseits trocknen diese nämlich nach Regenfällen rascher ab, und andererseits werden sie von den Pflanzenschutzbehandlungen besser erfaßt.

Wie?

Damit die Vorteile überwiegen, muß der Winzer die Art und Weise und den Zeitpunkt optimal wählen. So bietet sich z.B. die Entblätterung nur einer Seite der Laubwand an, um eine bessere Belüftung zu erreichen, ohne die Trauben zu sehr der Sonne auszusetzen.

Verlaufen die Rebzeilen von Westen nach Osten empfiehlt sich dafür die nördliche Seite, die kaum von direkten Sonnenstrahlen getroffen wird. Bei Nord-Süd-Ausrichtung hingegen bietet sich die Ostseite der Reihen an, damit die Trauben zwar von der Morgensonne rasch abgetrocknet, aber nicht von der heißen Nachmittagssonne erhitzt werden.

Weil das Entfernen von sortenbedingt mitunter auch relativ kleinen Blättern einen nicht zu unterschätzenden Arbeitsaufwand darstellt, wurden dafür in den letzten Jahren relativ gut funktionierende Geräte entwickelt. Diese saugen meist auf unterschiedliche Weise die Blätter an, um sie im Inneren der Maschine von den Stielen zu schneiden (wie man hier auch auf Video sehen kann).

Damit erhöhen die „Laubsauger“ zwar die Flexibilität des Winzers, weil sie aber nur die äußeren Blätter entfernen können, kommt ihr Ergebnis aber nicht ganz an die Handarbeit heran.

Von Hand lassen sich nämlich mit entsprechendem Aufwand auch die inneren Blätter entfernen (die das Abtrocknen der Trauben besonders erschweren, gleichzeitig aber aufgrund ihrer Schattenposition kaum Zucker bilden können), ohne den Trauben die äußeren Blätter als Schattenspender zu nehmen. Auch sehr spätes Entblättern ist nur von Hand machbar, weil nicht auszuschließen ist, dass die Maschine die schon weichen Trauben verletzt.

Da eine lockere Traubenzone die Handlese deutlich erleichtert, kommt ein Teil des Aufwandes für das Entfernen der Blätter in Form einer höheren Ernteleistung  später wieder zurück.

Und wann?

Im heißen Juli, wenn die Trauben war schon deutlich gewachsen, aber noch nicht am reifen sind, ist die Gefahr für Sonnenbrand am größten. Eine Entblätterung sollte deshalb entweder deutlich vorher rund um die Blüte erfolgen, damit bereits die kleinen Beeren abgehärtet und „sonnenfest“ werden. Oder aber erst mit dem Beginn der Reife, wenn die Trauben nicht mehr so empfindlich sind, und der Hochsommer schon am abklingen ist.

Letzteres ist dann kaum zu vermeiden, wenn der Traubenbehang von Hand ausgedünnt werden muß, um die gewünschte Qualität zu erreichen. Um diese Abeit sorgfältig durchführen zu können braucht man nämlich halbwegs freie Sicht auf die Trauben.

Darüber hinaus hängt die Entscheidung über den Zeitpunkt wie bei fast allen Arbeiten im Weingarten natürlich auch von der Wetterprognose ab. Steht eine Hitzeperiode bevor, wird man auch noch im August eher vermeiden, die Trauben in die pralle Sonne zu hängen. Und ist der September kalt und naß, wird man möglicherweise noch wenige Wochen vor der Lese tätig werden, um den Trauben jeden Sonnenstrahl zugute kommen zu lassen, und das Fäulnisrisiko etwas zu senken.

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