Als ich unlängst einem Cabernet-Freak alle unsere Cabernet-Jahrgänge beschreiben wollte, ist mir aufgefallen, daß ich von ziemlich allen Weinen ein halbwegs aktuelles Bild im Gedächtnis habe außer vom 97er und vom 99er.
Grund genug, den 99er heute Mittag zum Filetsteak mit Heurigen (Kartoffeln) zu genießen. Den 97er habe ich ja bereits im Rahmen unserer Tage der offenen Kellertür verkostet und hier beschrieben.
Der Jahrgang
Ich muß gestehen, daß ich mich an den Jahrgang 1999 nicht mehr besonders gut erinnern kann. Er war weder heiß und trocken genug, um wie 1990, 1992, 1994, 1997 (trockener Herbst), 2000 und 2003 im Gedächtnis zu bleiben, aber auch in Sachen Feuchtigkeit und späte Reife nicht ganz so markant wie 1991, 1995, 1996, 2001 oder 2005.
Meinen damals noch eher spärlich geführten Aufzeichungen zufolge waren die Zuckergrade 1999 niedriger als im Durchschnitt und es gab zur Erntezeit durchaus Botrytisansätze, die eine besonders sorgfältige, nicht zu späte Lese erforderlich machten.
Zusätzlich hatten wir beim Cabernet mit starker Stiellähme zu kämpfen, die wir damals zum ersten Mal an einem Sortiertisch (nach der Lese, aber noch im Weingarten) aussortiert haben.
Der Zuckergehalt der gesunden Cabernet-Trauben betrug schließlich 17,5 °KMW (86 °Oe), was den niedrigsten Wert aller unser bisherigen Cabernets darstellt (mit Ausnahme des nicht abgefüllten Jahrgangs 1996). Damit ist dieser Wein der beste Beweis dafür, daß die Zuckerreife und die aromatische Reife der Trauben nicht immer parallel verlaufen und daß in bestimmten Fällen eine Aufbesserung mit Zucker die Qualität des Weines sehrwohl tatsächlich verbessern kann (auch wenn diese Maßnahme natürlich keine Wunder bewirken kann).
Ohne Aufbesserung hätte der Cabernet nämlich unmittelbar nach der Gärung nur einen Alkoholgehalt von rund 11,5 Prozent aufgewiesen, der nach über einem Jahr Faßlagerung mit entspechenden Verdunstungsverlusten wohl auf etwa 11 Prozent abgesunken wäre.
Damit hätte ihm nicht nur die Substanz gefehlt, um die reife, aber doch markante Tanninstruktur abzupuffern, sondern auch das Rückgrat für eine jahrelange Flaschenreife (wobei damit nicht gesagt sein soll, daß ein hoher Alkoholgehalt automatisch eine längere Lagerfähigkeit bedeutet).
Eine (in diesem Jahr beinahe an die obere Grenze des gesetzlich erlaubten gehende) sinnvolle Aufbesserung auf etwa 20 °KMW (100 °Oe) brachte dem Wein hingegen soviel Alkohol, daß er schließlich mit rund 13 Prozent abgefüllt werden konnte und weder in seiner Jugend zu alkoholbetont war, noch in seinem Alter weitmaschig oder dünn erscheint.
Der Wein
Auch wenn es die meisten Jahrgangstabellen anders sehen war für mich der 98er Cabernet immer besser als der 97er und der 99er. Umso erstaunter war ich heute, als ich einen äußerst eleganten und wunderbar gereiften Cabernet im Glas hatte:
Die Farbe ist nach gut sieben Jahren immer noch sehr dunkel und zeigt auch am Rand kaum Anzeichen von Reife.
Die größte Überraschung in der Nase war die Abwesenheit jeglicher unreifer, „grüner“ Aromen, wie ich sie – nicht aus der Erinnerung, sondern eher aus einer allgemein skeptischen Haltung heraus – befürchtet hatte.
Stattdessen ist das Aroma geprägt von dunklen Beeren und den Röstaromen des Holzes im Hintergrund. Dabei ist es zwar nicht übermäßig konzentriert, sondern eher unspektakulär, dafür aber sehr angenehm. Die Flaschenreife ist nicht durch eine deutliche „Alterung“ der Aromatik zu spüren, sondern nur durch die fein verwobene Art der verschiedenen Nuancen.
Diese Harmonie und die nicht allzu konzentrierte Art lassen den Wein sehr trinkreif erscheinen und deuten wohl auch auf ein nur noch eingeschränktes weiteres Entwicklungspotential hin.
Auch am Gaumen zeigt der 99er Cabernet das gleiche Bild. Für einen Cabernet ist er auffallend elegant (was nicht beschönigend für „mangelnden Körper“ gemeint ist) mit einer schönen Harmonie von Fruchtaromatik, dezenten Röstaromen, Körper und Kraft. Wie die Aromatik wirkt auch das Tannin nicht unreif, deutet aber „solo“ noch etwas die Strenge des Cabernet an.
Zum Essen getrunken wirkte der Cabernet noch feiner und die Kombination von leicht süßlicher Beerenfrucht mit zarten Röstaromen war wie gemacht für dieses Filetsteak.