Das Thema
Die erste deutschsprachige Wein(blog)rallye befaßt sich nach dem Vorschlag des Winzerbloggers mit Weinen, die von einer Insel (Ausnahme Australien als Kontinent) stammen.
Nach englischsprachigem Vorbild schreiben dabei so viele Weinblogger wie möglich über ein und das selbe Thema und beleuchten damit nicht nur die Vielfalt an Inselweinen, sondern zeigen mit ihrem jeweils ganz persönlichen Blog-Stil auch die unterschiedlichsten Herangehensweisen an das Thema Wein. (Winzerblogger Thomas hat mittlerweile auch alle Rallye-Beiträge samt Links zusammengefasst.)
Die Auswahl
Als Winzer hat man wohl eine etwas kleinere Auswahl an „fremden“ Weinen im Keller als die meisten ambitionierten privaten Weinliebhaber. Und in der Weinregion und am Land ist die Möglichkeit sich in relativ kurzer Zeit einen passenden Inselwein zu besorgen auch eher eingeschränkt.
Deshalb bereitete mir die Weinsuche für die Rallye anfangs einige Schwierigkeiten, zumal (wie hier schon berichtet) meine große Hoffnung, ein Urlaubsmitbringsel meiner Eltern aus Lanzarote, offenbar längst seine Bestimmung gefunden hatte. Und eine Uralt-Rarität aus Korsika, die noch irgendwo im Keller existieren müßte schien mir nicht gerade geeignet, um in diesem Rahmen besprochen zu werden.
Als ich schon alle möglichen Tipps studiert und mögliche Bezugsquellen überlegt hatte, kam mir dann der Zufall zu Hilfe und bescherte mir „meinen“ Inselwein (von zwei Inseln, die die meisten bei ihren Blog-Überlegungen ganz vergessen haben).
Nun ist Neuseeland als Weinland natürlich nicht (mehr) ganz so kurios wie manch andere Insel (hier die offizielle, englische Website), aber erwähnenswert ist es allemal. Und die Geschichte, wie ich zu meinem Inselwein gekommen bin ist auch nicht ganz uninteressant.
Die Geschichte
Im Rahmen meiner nebenberuflichen Tätigkeit für die Weinakademie Österreich, die größte Weinausbildungsinstitution auf dem europäischen Festland, war ich am 12. Juni zum Vorkosten der Prüfungsweine und zur Prüfungsaufsicht bei der Diplomprüfung der angehenden Weinakademiker in Rust engagiert.
Diese Ausbildung, die vom Wine and Spirit Education Trust in London entwickelt wurde und via Weinakademie Österreich in Rust, Geisenheim (D) und mittlerweile auch in Zürich angeboten wird, umfaßt theoretisches und praktisches Wissen über alle Weine der Welt auf höchstem Niveau und gilt als Vorstufe zum Master of Wine.
Der größte Brocken bis zum positiven Abschluß ist die Prufung zur sogenannten Unit 3, die am Vormittag zwei einstündige Verkostungen mit jeweils sechs Weinen umfaßt, und am Nachmittag 5 Theoriefragen in 4 Stunden. Da am 12. Juni auch die (kleineren) Prüfungen zu den Themen Schaumwein, aufgespritete Weine (Sherry, Port und Co.) und Spirituosen abgehalten wurden, hatte ich alles in allem rund 60 Flaschen Wein vorzukosten – und das ab 7.30 Uhr in der Früh!
Anschließend wurden die Prüfungsweine, die übrigens wie die Prüfungsfragen auch weltweit ident sind, in neutrale Flaschen umgefüllt, aus denen sich die Teilnehmer bei Prüfungsbeginn selbst einschenken mußten, damit sie für eventuelle Verwechslungen der Gläser auch selbst verantwortlich sind.
Die Prüfung fand weltweit am gleichen Tag statt. Da es durch die Zeitverschiebung ja zumindest die theoretische Möglichkeit gibt, die offizielle Weinliste nach Prüfungsende in Rust noch rechtzeitig vor Prüfungsbeginn den Kandidaten z.B. in den USA weiterzugeben, wurde diese erst einige Tage danach als pdf veröffentlicht.
Die Prüfung bestand aus insgesamt 4 Serien mit je drei Weinen. Da die Ausbildung den Schwerpunkt beim Weinverkosten nicht auf das Erraten Erkennen der Weine legt, sondern auf eine umfassende Beschreibung samt detailierter Qualitäts- und Markteinschätzung, handelt es sich bei drei Serien „nur“ um eine teilweise Blindverkostung.
Die drei Weine dieser Serien stammten entweder aus einer Sorte und/oder einem Weinbaugebiet und die Prüfungskandidaten erhielten diese Information, ohne allerdings das Gebiet oder die Sorte genannt zu bekommen. Nur die letzte Serie war daher eine „echte“ Blindverkostung, bunt gemischt mit einem rassigen Vinho Verde aus Portugal, einem simplen, überholzten Chardonnay aus Kalifornien und „meinem“ Sauvignon aus Neuseeland.
Der Wein
Dem Anlaß entsprechend halte ich mich bei der Beschreibung an die Degustationscheckliste des WSET (auf Seite 54 dieser ausführlichen Pdf-Beschreibung der Diplomseminarinhalte), die versucht, nicht nur (Frucht-)Vergleiche für die Aromatik zu finden, sondern auch die wichtigen und etwas weniger subjektiven „Eckdaten“ des Weines zu beschreiben. (Eine interessante Diskussion über die Weinsprache gibt es übrigens im Moment mit einem Beitrag von mir bei Talk-about-wine.)
Marlborough Sauvignon blanc 2006, Montana, Neuseeland
Aussehen:
klar, helles grünliches Gelb, mittlere Schlierenbildung, ganz leichtes CO2 beim Einschenken
Geruch:
sauber, jugendlich und intensiv, dominante Fruchtaromen nach Stachelbeeren, schwarzen Johannisbeeren und reifen tropischen Früchten; dahinter ganz leichte „grüne“ Elemente, aber dennoch eher einfach und wenig komplex; kein Holzeinsatz erkennbar; wirkt sehr sauber, fruchtig und aromatisch, aber auch eindimensional und „gemacht“
Geschmack:
trocken, möglicherweise mit ein paar Gramm Restzucker; rassige Säure, die die beinahe kitschigen Fruchtaromen etwas im Zaum hält; hinter der üppigen Fruchtigkeit ein eher schlanker Körper, der Wein wirkt auch am Gaumen eher simpel (wenn auch gekonnt) gestrickt; mittlerer bis kräftiger Alkohol (13%), den der Wein gerade noch einbinden kann, eher kurzer, von eindimensionalen Fruchtaromen und auch etwas vom Alkohol geprägter Abgang
Schlußfolgerung:
Ein Wein von einfacher bis mittlerer Qualität, sauber und gekonnt gemacht, nicht unharmonisch aber doch sehr vordergründig von simplen, beinahe künstlich wirkenden Fruchtaromen geprägt. Der Wein ist trinkreif, hat keinerlei Potential zur Weiterentwicklung und sollte daher in spätestens ein bis zwei Jahren getrunken sein.
Nicht das Neuseeland (beim Sauvignon, aber auch beim Pinot noir und wahrscheinlich auch beim Riesling) nicht mehr könnte als das. Aber trotzdem ist dieser Wein durchaus typisch für seine Herkunft:
Neuseeland hat sich sehr gut als (Sauvignon-)Land mit frucht- und durchaus säurebetonten Weinen ohne Holzeinsatz profiliert und damit nach der Holz-Chardonnay-Welle aus Kalifornien und Australien den Nerv der Zeit getroffen. Dabei verleugnet man keineswegs, daß man ein Neue-Welt-Weinland ist, das sich nicht scheut, mit einfach und leicht zu erschmeckenden (für Weinfreaks aber eher übertrieben oder banal wirkenden) Weinen in großer Stückzahl und gutem Marketing gutes Geld zu verdienen.
Oberflächlichen Preisrecherchen zufolge dürfte dieser Wein etwa zwischen sieben und zehn Euro kosten. (Übrigens: Die Recherche hat auch mehrere voneinander abweichende Angaben über Säure und Restzuckergehalt des 2006ers erbracht, was ein Indiz dafür sein könnte, daß es mehrere Abfüllungen davon gibt, die sich in Stil und Qualität aber wohl nicht grundlegend unterscheiden werden.)
3 Gedanken zu „Weinrallye 1 – Reif für die Insel“