Was ist ein We(in)blog?

Die deutschsprachige Weinbloggerszene ist ein kleines Dorf in den unendlichen Weiten des Internet. Man kennt sich (zumindest virtuell), schätzt oder verachtet einander, lobt oder kritisiert ganz so wie im richtigen Leben.

Und wie es sich für einen braven Einwohner von Weinbloggersdorf gehört, trage auch ich mitunter meinen Teil zum jeweils aktuellen Dorfgespräch bei. Meistens tue ich das auswärts, weil mir bei meinem We(in)blog der erste Teil des Wortes wesentlich wichtiger ist, als der zweite.

Heute schreibe ich aber ausnahmsweise auch hier über über das Bloggen. Wenn Sie also etwas über Wein lesen wollen und nicht allzuviel von Nabelschau und nur Insidern verständlichen Anspielungen halten, empfehle ich Ihnen, nicht weiterzulesen.

Suchen Sie sich stattdessen rechts im Menü einen meiner zahlreichen Wein-Beiträge aus, oder zappen Sie woanders hin und schauen in ein paar Tagen wieder vorbei.

Was ist ein Weinblog?

Als ich im Sommer 2006 begonnen habe, zu bloggen, war mir nicht wirklich klar, was ein richtiges Weblog eigentlich ist. Nach Jahren der Schreiberei in verschiedenen Diskussionsforen war ich es einfach leid, dass meine Texte nur auf fremden Seiten und in sehr verstreuter Form zu finden sind (wenn überhaupt). Die technisch einfache und kostengünstige Möglichkeit eigene Texte im Internet zu veröffentlichen, die das Bloggen darstellt, schien mir in dieser Situation eine gute Lösung für mein „Problem“ zu sein.

Heute, dreieinhalb Jahre später, weiß ich, dass ich diesbezüglich Recht hatte. Und ich habe gelernt, dass die individuelle Herangehensweise der Blogger an ihr Werk zu verschieden ist, als dass man dieses Medium klar definieren könnte.

Private,…

Obwohl sie ihr Interesse am Wein ohne kommerzielle Hintergründe eint, interpretieren die  privaten Weinblogger das Medium Weblog auf völlig unterschiedliche Weise.

Robert Freundenthaler, einer der ganz, ganz wenigen Österreicher in der Szene schreibt als Vinissimus zum Beispiel vorwiegend über verkostete Weine und das Umfeld der Probe. Auch der Schnutentunker beschäftigt sich gerne mit dem Inhalt seiner Gläser, macht sich aber daneben auch immer wieder Gedanken über einen konkreten Wein hinaus.

Bei Thomas Günther machen die Degustationsberichte hingegen nur einen eher kleinen Teil der Beiträge aus, obwohl sein Blog Weinverkostungen heißt. Immer wieder bloggt er auch über allgemeine Weinthemen und gelegentlich sogar über Weinfremdes.

Die meisten Beiträge von Charles Bugnowski sind dagegen eher Kommentare als Berichte. Mit gekonnter Ironie und jeder Menge schwarzem Humor beschäftigt er sich auf Weincasting vorwiegend mit aktuellen Befindlichkeiten der Weinbranche und der Weinbloggerszene. Dass man sich mit dieser Rolle nicht überall beliebt macht, scheint ihn zum Glück nicht zu stören.

…Winzer…

Auch die bloggenden Weinproduzenten, die ja alle den selben beruflichen Hintergrund haben, gehen recht unterschiedliche Wege.

Das Themenspektrum von Winzerblogger Thomas Lippert hat sich zum Beispiel weg von seinen Erlebnissen als Kellermeister und hin zu allgemeineren Weinthemen verschoben, als ihm wegen seiner Bloggerei angedroht wurde, seinen Arbeitgeber in Schwierigkeiten zu bringen. Darüber hinaus ist Thomas derjenige, der den Großteil der Szene mit Ideen wie der Weinrallye und anderen Aktivitäten zusammenbringt und -hält.

Harald Steffens hingegen läßt die Leser seiner Bildergeschichten aus dem Weingut Steffens-Keß an seinen Erlebnissen in Weinberg und Keller ebenso teilhaben, wie Iris Rutz-Rudel, die einzige Frau in der Runde mit ihrem Winzer-Tagebuch vom französischen Weingut Lisson. Damit ist das Bloggen für beide natürlich auch ein mehr oder weniger wichtiger Teil der Öffentlichkeitsarbeit ihrer Weingüter, was aber dem Lesevergnügen dank ihrer ehrlichen und unaufdringlichen Art nicht den geringsten Abbruch tut.

Letzteres hoffe ich auch für mich selbst in Anspruch nehmen zu können, zumal die Motivation für meine Schreiberei definitiv nicht aus einer Marketing-Fibel stammt. Neben Berichten über aktuellen Themen aus Weingarten und Keller schreibe ich oft auch Erläuterungen zu Teilbereichen der Weinproduktion, was einem Teil dieses Blogs unbeabsichtigt einen beinahe lexikalischen Charakter verleiht.

Der selbsternannte „Blogggwart“ Dirk Würtz hingegen schreibt auf  Würtz-Wein nie über die Herstellung seiner Weine, dafür ist der Blog aber zugleich auch die Website seines Betriebes. Seine Beiträge handeln von allen möglichen Themen in und außerhalb der Weinwelt, und weil Dirk dabei nie mit seiner Meinung hinter dem Berg hält, hat er vergleichsweise schnell Bekanntheit in Weinbloggersdorf erlangt.

…und Journalisten

So unterschiedlich die Ansätze der Weinblogs aber auch sein mögen, als Teil des Web 2.o sind sie alle in gewissem Sinne Medien und werden von den kommerziellen Informationsanbietern entsprechend kritisch beäugt.

Die Scharmützel zwischen Journalisten und Bloggern aller Themenbereiche sind Legion und haben längst die Weinszene erreicht. Obwohl sie sie ohnehin nicht als Medienmacher anerkennen wollen, werfen manche Journalisten den Bloggern gerne pauschal Inkompetenz und mangelnde Recherche vor und nennen sie auch schon mal die Spinner in ihren Blogs.

Viele Blogger finden im Gegenzug Vergnügen daran, den Vertretern kommerzieller Medien genüßlich ihre Fehler vor Augen zu führen und schießen dabei hin und wieder auch übers Ziel. Mitunter wagen sie auch (nicht selten erfolgreich) den Versuch, die Journalisten in ihrem angestammten Metier zu übertreffen.

Meistens sagen diese Hahnenkämpfe mehr über den Charakter der handelnden Personen aus, als darüber, was Weblogs eigentlich sind. Gute und schlechte Beispiele gibt es nämlich in der Regel auf beiden Seiten und der Übergang von (für mich eher unkommerziellem) Blog zu (für mich kommerziellem) „normalen“ Medium ist sicherlich fließend.

Ärgerlich wird die Sache allerdings dann, wenn Journalisten so tun, als würden sie bloggen. Zumindest in der Weinszene neigen sie in diesem Fall nämlich dazu, von oben herab Lob und vor allem Tadel an andere Blogs zu verteilen. Dabei sind sie in ihrer Wortwahl nicht zimperlich und stilisieren sich selbst gerne zu Leitfiguren der Szene.

Betrachtet man die Qualität ihres Schaffens aber etwas genauer, wird schnell klar, dass es dafür nicht den geringsten Anlass gibt. Schließlich scheitern sie selbst regelmäßig an ihren eigenen Ansprüchen..

15 Gedanken zu „Was ist ein We(in)blog?“

  1. Gute Analyse, Bernhard – und was den schon beinahe enzyklopädischen Charakter Deines Blogs angeht, kann ich nur zustimmen. Ich finde hier immer wieder leicht zugänglich und gut dokumentiert Sachbeiträge zu Fachthemen, die, auch und gerade, wenn es um Methoden geht, die ich selber nicht anwende, meinen Kenntnisstand bereichern!

    Also danke für diese unermüdlich Aufklärung und die Arbeit, die dahinter steckt – und den ruhigen, sachlichen Ton, der Deine Beiträge auszeichnet:-)!

  2. Pingback: Winzerblog
  3. Ich sehe vieles ähnlich. Vor allem, dass es eben nicht ein Modell eines Weinblogs gibt, sondern es eher ganz eigene und unterschiedliche Herangehensweisen sind. In der Wahrnehmung von „den Weinblogs“ entsteht aus meiner Sicht vorschnell der Eindruck man würde für etwas haften, was andere zum Thema im Netz schreiben.

    Genauso finde ich aber die Kategorien schwierig. Was kann denn im WWW privat sein? Jeder der da schreibt, hat durch Erfahrungen, Verpflichtungen gegenüber Freunden und Arbeitgebern einen Filter von Dingen, die nicht drin vorkommen. Auch bezüglich von Ankündigungen von Anwesenheit sollte man vorsichtig sein. Sonnst schafft man ein eigenes gläsernes Leben, was sehr viele Nachteile hat.

    Auch wenn man diese Kategorie der Weinblogs als „unkommerziell“ fassen würde, so ist das doch ziemlich brüchig. Vor allem das Jahr 2009 steht für mich für einen Prozess im Bereich Blog, den Jürgen Habermas mal als „Kolonialisierung der Lebenswelt“ bezeichnet hat. Zudem ist es das aus juristischer Sicht immer Journalismus was in Blogs passiert. Und im Journalismus kann es aus demokratischen Gründen keine objektive (und mit Folgen verbundene) Qualitätsprüfung geben. Also wird man mit vielen Angeboten leben müssen. Ob die einem nun gefallen oder nicht.

  4. Habe mich soeben als „Bloggwart“ bemüßigt gefühlt, weil bei tvino.posterous.com (siehe Kommentare dort) der volle Artikel des Beitrags gepostet wurde. Ich nehme mal an, die haben Dich nicht vorher um Erlaubnis gebeten, oder?

  5. Hallo Marian!

    Vielen Dank für Deine Unterstützung. Durch Genussblogs.net habe ich schon vor Deinem Kommentar Wind davon bekommen und mittlerweile auch reagiert.

    Herzliche Grüße

    Bernhard

    P.S.: Ich habe mir erlaubt, den Link in deinem Kommentar zu bearbeiten, weil ich nicht auch noch Werbung für sowas machen möchte.

  6. Hallo Bernhard!

    Der Beitrag in dem Posterous-„Blog“ ist inzwischen entfernt worden.

    Aber da die noch andere sog. Blogs betreiben, liegt der Beitrag auch noch hier:

    tvino.wordpress.com/…

    tvino.blogspot.com/…

    Die Links kannst Du gerne wieder entschärfen.

    Grüße vom

    Marian

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