Die heurige Ernte hat uns zahlreiche hochgrädige Moste im Prädikatsweinbereich beschert, die wir aber überwiegend als Qualitätsweine deklarieren werden. Spätlese und Co. werden fast automatisch mit Süßwein assoziiert, und um Mißverständnissen vorzubeugen, stufen wir hochgradigere Weine zu Qualitätswein ab, wenn sie trocken ausgebaut wurden.
Als „richtige“ Prädikatsweine gelten für uns deshalb nur der Traminer im Grenzbereich zwischen Spät- und Auslese (21°KMW), eine hohe Auslese vom Pinot blanc (mit 24,5°KMW nur knapp unter der Beerenauslese) und eine Beerenauslese (die mit 28,5°KMW eigentlich schon ein Ausbruch ist) vom Neuburger.
Alle drei Weine wurden hintereinander gelesen, sehr sauber entschleimt und spontan vergoren. Während der Traminer die Gärung langsam begann, und mit mittlerer Geschwindigkeit und Temperatur sehr gleichmäßig gärte, waren Auslese und Beerenauslese am Beginn deutlich schneller. Dafür verlangsamte sich das Tempo der Gärung deutlich, sodaß alle drei Weine gleichzeitig eine schöne Harmonie von Alkohol, Süße und Säure erreichten.
Meine Schätzung des Alkohol- bzw. Restzuckergehaltes anhand der täglichen Dichtemessung während der Gärung ergab vor einigen Tagen die Prognose, daß dieser Zeitpunkt wohl Ende dieser Woche kommen würde. Bei der gemeinsamen Verkostung mit meinem Vater gestern vormittag waren wir uns aber beide einig, daß wir vor allem mit dem Traminer und dem Neuburger wohl nicht so lange warten sollten.
Zur Absicherung des sensorischen Urteils holten wir heute eine Analyse der drei Weine ein. Der Traminer liegt demnach bei etwa 12,3% Alkohl und 55 g/l Restzucker, der Pinot blanc bei rund 11,5% und etwa 100 g/l und der Neuburger bei 13,5% und ca. 120 g/l. Alle Werte entsprechen ziemlich genau dem, was wir bei der Verkostung empfunden haben und auch unserem Süßweinstil mit einer nicht zu betonten Süße und einem Alkoholgehalt, der dem Wein Struktur gibt.
Auch wenn der Pinot blanc noch ein paar Gramm Restzucker zu Alkohol vergären hätte können, kann man doch von einer gemeinsamen Punktlandung von drei ganz unterschiedlichen Weinen in Sachen Gärungsunterbrechung sprechen.
Nachdem wir den richtigen Zeitpunkt gefunden haben (was nicht immer so leicht und eindeutig ist, wie heuer), geht es jetzt eigentlich nur mehr darum, die ohnehin schon recht langsam gewordene Gärung zu stoppen. Als ersten Schritt dazu habe ich heute Nachmittag die Weine von den Hefezellen abgezogen, die schon zu Boden gesunken sind. Jetzt stehen sie in Transporttanks im Hof und die kühlen Temperaturen der nächsten Tage sollten dazu führen, daß die Gärung kaum noch weitergeht.
Wirklich gestoppt wird die Gärung am Donnerstag oder Freitag. Dann kommt ein Lohnunternehmer ins Haus, der die Weine für uns filtriert. Erst wenn alle Hefezellen aus den Weinen entfernt sind, ist sichergestellt, daß die Gärung nicht „schleichend“ weiterläuft. Und nur dann sind die „fertigen“ Prädikatsweine auch wirklich stabil genug, um bei der Jungweinschwefelung mit möglichst geringen SO2-Mengen das Auslangen zu finden.
Die Filtration ist für den gärenden Wein naturgemäß eine ziemliche Strapaze, von der er sich zwar vollständig, allerdings erst nach einigen Wochen oder Monaten wieder erholt. Versuche, die Gärung nur durch Kühlen, Abziehen von der Hefe und eine relativ hohe SO2-Dosierung zu stoppen sind im Idealfall sicherlich schonender. Relativ oft führen sie aber auch zu unbekömmlichen Weinen mit (zu) hohem SO2-Gehalt.