2014 stellt uns Weinbauern nicht nur in Weingarten und Keller vor große Herausforderungen, sondern auch in der Kommunikation. Wie kann man die derzeitige Lage und ihre möglichen Auswirkungen auf das spätere Endprodukt erklären, ohne auf dem schmalen Grat zwischen Schönfärberei und Panikmache auszurutschen?
Auf der einen Seite droht der Verlust jeglicher Glaubwürdigkeit angesichts des auch für Laien nachvollziehbar miserablen (Spät-)Sommerwetters. Und auf der anderen ein ungerechtfertigt pauschales Negativimage der eigenen Produkte, von deren Verkauf man ja schließlich lebt, und von denen es auch 2014 ganz sicher solche geben wird, die man mit Genuss und Freude trinken kann.
Umso bemerkenswerter sind daher die folgenden Aussagen:
Viele Winzer haben bereits mit Noternten begonnen. Damit die Trauben nicht verfaulen, werden sie jetzt geerntet, auch wenn sie noch nicht ganz reif sind…Bei den Frühsorten wie Müller-Thurgau, Roter Veltliner und Muskat-Ottonell erwarten sich die Winzer nicht mehr viel. Auch für die Roten St. Laurent, Zweigelt und Blaufränkisch dürfte es kein guter Jahrgang mehr werden…
Willi Klinger, Chef der österreichischen Weinwerbung (ÖWM) im Radio Ö1
Es bietet sich ein schreckliches Bild und es gibt nur noch die Hoffnung, die restlichen guten Beeren so schnell wie möglich in den Keller zu holen um zumindest einfache Trinkweine keltern zu können.
Weinbauernkollege Josef Umathum auf seiner Website
Auch ich habe hier in den Kommentaren schon relativ deutliche Worte gefunden und doch möchte ich nicht, dass der Eindruck entsteht, der Jahrgang 2014 würde ungenießbar werden.
Ja, wir sind nicht mit dem Wetter und den Trauben zufrieden. Es stimmt, dass sie (zum Teil deutlich) nicht so reif sind, wie wir das seit vielen Jahren gewohnt sind und wie wir das gerne hätten. Und dass das viele Wasser die Inhaltsstoffe der Trauben wohl verdünnt hat. Es ist auch davon auszugehen, dass die praktisch nicht mehr komplett vermeidbare Fäulnis Auswirkungen auf Aroma, Geschmack und Lagerfähigkeit der Weine haben wird. Und ja, Aufbesserung und Entsäuerung sowie die eine oder andere sonstige weingesetzlich genau definierte Behandlung (z.B. Enzyme, um die Farbextraktion bei den Rotweinsorten zu verbessern) wird heuer ein deutlich größeres Thema sein, als sonst.
Es stimmt aber auch, dass wir mit einer rechtzeitigen und sorgfältigen Ernte von Hand wesentlich besseres Ausgangsmaterial in den Keller bekommen als an den Rebstöcken hängt. Dass bei solider Weingartenbewirtschaftung das ganze Jahr hindurch Sorten wie Grüner Veltliner und Muskat Ottonel mit ihrer Reife beinahe dort sind, wo sie sein sollten. Dass wir eine spannende Ausgangssituation für qualitativ hochwertige Prädikatsweine haben. Und dass der Blaufränkisch noch stabil genug sein dürfte, um vielleicht auf eine gute geschmackliche Reife warten zu können (wiewohl die Substanz für höhere Weihen wohl fehlt).
Die Ernte 2014 ist für uns Weinbauern anstrengend und mühsam. Es tut weh zu sehen, dass die Arbeit eines ganzen Jahres nicht den Abschluß findet, den man glaubt, sich dafür verdient zu haben. Trotzdem, da bin ich mir sicher, wird es auch Weine geben, auf die wir stolz sein können. Nicht weil sie sich mit Spitzenjahrgängen messen können, aber weil ihre solide Mittelklassequalität 2014 eine wahre Spitzenleistung darstellt.
1 Gedanke zu „Schönfärberei und Panikmache“