Der manchmal auch „Brett“ genannte Fehlgeruch und -geschmack von Wein nach Leder, Pferdeschweiß und Stall ist nach seinen Verursachern, den Brettanomyces-Hefen benannt.
Diese kommen von Natur aus in geringer Zahl auf Trauben und in Weinkellern vor und verhalten sich in den meisten Fällen unauffällig, weil sie sich während der alkoholischen Gärung normalerweise nicht gegen die echte Weinhefe durchsetzen. Sind die Bedingungen jedoch günstig, können sich die Brettanomyces-Hefen im Zuge der (Faß-)Reife nach der Gärung stark vermehren und aus Wein- und Holzinhaltsstoffen „animalische“ Aromen bilden.
Bei geringer Intensität wirken diese eher süßlich und erinnern an Rauch, Teer und Leder, weshalb sie von manchen Verkostern als tolerierbar oder sogar als positiver Beitrag zur Komplexität eines Weines gesehen werden. Übersteigt die Konzentration von Ethylguaiacol und Co. jedoch einen gewissen Schwellenwert, werden die Brett-Aromen eher als scharf und dominant wahrgenommen und häufig mit Pferdeschweiß, Stall, Jod und Medizin assoziiert.
Während zahlreiche Produzenten in verschiedenen internationalen Rotweingebieten das noch vor wenigen Jahren den Meinungsbildnern und Konsumenten recht erfolgreich als besonderen Ausdruck ihres Terroirs verkauft haben, ist man diesbezüglich heutzutage wesentlich kritischer.
Faßhygiene, Lagertemperatur und SO2
Brettanomyces-Hefen benötigen zwar nicht zwingend Holzfässer für ihre Entwicklung (wie wir bei unserem ersten Versuch mit dem biologischen Säureabbau 1989 im Kunststofftank selbst erlebt haben), die größten Probleme machen sie jedoch bei Rotweinen, die in Barriques gelagert werden.
Blaufränkisch, Cabernet und Co. haben einen deutlich höheren pH-Wert als Weißweine (d.h. weniger Säure), was die Entwicklung von Mikroorganismen generell begünstigt, und außerdem die Wirksamkeit des zugesetzten SO2 gegen Hefen und Bakterien stark reduziert.
Darüber hinaus lagern die Roten wesentlich länger und meist auch weit weniger streng durch Filtration von Mikroorganismen befreit. Der geringfügige, aber permanente Zutritt von Luft bei der Lagerung in kleinen Fässern und deren raue innere Oberfläche, an der sich regelrechte Brettanomyces-Kolonien bilden können, erhöhen das Risiko ebenso wie die im Sommer oft relativ hohen Kellertemperaturen.
Weil aber zu hohe SO2-Werte und zu kalte Lagerung der Entwicklung der Rotweine abträglich ist, läßt sich die geruchlich wahrnehmbare Vermehrung von Brettanomyces-Hefen in einzelnen Fässern nie ganz ausschließen. Nahezu alle Rotweinproduzenten weltweit sind gelegentlich damit konfrontiert, ohne etwas falsch gemacht zu haben.
Erkennt man die Entwicklung rechtzeitig, läßt sie sich oft mit Filtration, einem höheren SO2-Spiegel in den befallenen Chargen und dem Sterilisieren (oder besser Ausmustern) der infizierten Fässer bremsen oder gar stoppen, bevor die Aromatik vom Süßlich-Animalischen ins penetrant Scharfe kippt. Das Verschneiden mit dem Inhalt unbefallener Fässer (samt anschließender Sterilabfüllung) kann helfen, ihre Intensität unter die Schwelle des eindeutigen Weinfehlers zu drücken.
Ist man als Kellermeister jedoch regelmäßig mit Pferdeschweiß-Aromen in den eigenen Weinen konfrontiert, sollte man wohl besser die eigene Kellerhygiene und Vinifikation grundlegend überdenken. Oder das animalisch-uniforme Flair der eigenen Roten zum besonderen Markenzeichen erklären…
Weiterführende Informationen des Oenologen Volker Schneider zum Thema finden Sie hier:
1 Gedanke zu „Weinfehler: Brettanomyces“