Vor ein paar Tagen kam ich eher zufällig zu einem Schluck Vöslauer Balance Rote Traube, einem Mineralwasser-Getränk mit geringen Anteilen von Traubensaft und natürlichen Aromen.
Eigentlich war es eine klassische Blindverkostung, denn ich hatte keine Ahnung, was ich da überhaupt trinke. Und das hat sich auch nach der Verkostung nicht wirklich geändert, denn mit den roten (eigentlich blauen) Trauben, die ich kenne, hat das Produkt wenig gemein.
Nach längerem Nachdenken bin ich der Sache aber dann doch ein wenig auf die Schliche gekommen. Das Getränk erinnert nämlich sehr wohl an Trauben, allerdings an solche von Hybrid-Reben, von denen wir als Tafeltrauben und Zierpflanzen auch ein paar herumstehen haben.
Die Weinbereitung aus diesen Reben wurden in Österreich (und auch in den meisten anderen Ländern Europas) in den 1920er-Jahren verboten. Offiziell aus gesundheitlichen Gründen, weil die Weine von Hybridreben mehr Methanol (nicht Ethanol, den „normalen“ Alkohol) enthalten als Weine aus europäischen Edelrebsorten.
In Wahrheit aber vor allem aus qualitativen Gründen, weil diese Weine zwar durchaus angenehm schmecken können, aber in Stil, Qualität, Komplexität und Lagerfähigkeit den Weinen aus edlen Rebsorten unterlegen sind. Und eigentlich eher wie künstlich aromatisierte Erdbeer- oder Himbeerweine schmecken, obwohl sie aus Trauben erzeugt werden.
Die Hybrid- oder auch Direktträgerreben sind Relikte aus der Zeit der Reblauskatastrophe Ende des 19. Jahrhunderts. Damals hat man mit der Züchtung dieser Reben erfolgreich versucht, die Widerstandskraft der amerikanischen Wildreben gegen die von Amerika nach Europa eingeschleppte Reblaus mit der Fähigkeit der europäischen Reben große, saftige Trauben zu tragen zu verbinden.
Anders als die Edelrebsorten müssen Direktträger nicht auf amerikanische Unterlagsreben veredelt werden, um reblausfeste Wurzeln zu haben. Sie tragen direkt, d.h. unveredelt Trauben und sterben nicht an der Reblaus ab. Auch sonst sind die Direktträger sehr robust und wuchskräftig und wurden deshalb zu Beginn des 20. Jahrhunderts von vielen Winzern den alten europäischen Edelrebsorten vorgezogen. Auch meine Großeltern bewirtschafteten bis in die 1960er-Jahre zumindest noch einen Weingarten, der überwiegend mit solchen Reben bestockt war.
Bis in die 1990er Jahre sind in einer entlegenen Ecke des Südburgenlandes noch rund 15 Hektar Direktträger-Reben erhalten geblieben, die seit 1992 auch wieder offiziell (wenn auch sehr eingeschränkt) als Wein vermarktet werden dürfen. Bis dahin hat die Aura des Verbotenen aber dazu geführt, daß fast jeder Österreicher den Namen dieses Weines (der übrigens aus verschiedenen Sorten wie Concord, Noah und Isabella gewonnen wird) schon einmal gehört hat: Uhudler.