In meinem Nachbarhaus (mit gemeinsamem Hof) werden Ferienwohnungen an vorwiegend deutsche Gäste vermietet. Beim Gießen der Oleander kommt man oft ins Gespräch und Anfang Juni habe ich bei netten Unterhaltungen mit Urlaubsgästen innerhalb von zwei Wochen zweimal eine Flasche Wein geschenkt bekommen. Offensichtlich sind unsere burgenländischen Weine in Deutschland doch nicht so bekannt (oder beliebt) wie wir immer hoffen, wenn die deutschen Gäste mit eigenem Wein im Gepäck anreisen 😉
Heute Mittag mußte der erste (und ältere) der beiden Weine daran glauben:
Riesling Auslese Wittlicher Felsentreppchen 1989
Weinhofgut Heinr. Albertz, Wittlich, Mosel-Saar-Ruwer
9%vol, lieblich mit 31,1 g/l Restzucker
kräftiges Strohgelb mit leicht goldigem Einschlag, mäßige Schlierenbildung
sauber in der Nase, deutlich gereift, aber durchaus noch „lebendig“; Reifearomen (Petrol), dahinter Zitrusfrüchte, Honig und etwas verbrannter Gummi; nicht sonderlich komplex
am Gaumen weit weniger ansprechend, aber trinkbar; rassige Säure bei sehr schlankem Körper; die nicht allzu üppige Süße wirkt, obwohl sie genug Zeit zur Einbindung gehabt hätte, aufgesetzt und kann nicht verdecken, daß es sich um einen auch in seiner Jugend wohl recht schlanken und zwar sehr sauberen, aber nicht allzu ausdrucksstarken Wein gehandelt hat; süßsauer und ansonsten eher ausdruckslos im Abgang
Fazit:
Für einen fast 17 Jahre alten Weißwein ist dieser Wein erstaunlich lebendig, zumal er offensichtlich auch in seiner Jugend nicht zur Spitzenklasse, sondern wohl eher zum sauber und brav gemachten Mittelbau gezählt hat. Für Freunde reifer Weine hat vor allem die Nase durchaus ihren Reiz. Leider kann der Gaumeneindruck dieses Niveau nicht halten.
Wie mir von mehreren Weinfreaks hier erklärt wurde, handelt es sich bei der Herkunft dieses Rieslings nicht gerade um die qualitativ hochwertigste Zone innerhalb des Weinbaugebietes Mosel-Saar-Ruwer (das seit kurzem nur noch Mosel heißt).
Trotzdem eine interessante Verkostungserfahrung. Deutsche Weine, zumal gereifte, laufen einem in Österreich ja nicht jeden Tag über den Weg. Und reife Weine verkostet man im Jungweintrinkerland selbst als Winzer mit einer gar nicht so kleinen Privatvinothek auch nicht alle Tage.