Sauer macht nicht unbedingt lustig

Foto: ÖWM/Faber

Der bisherige Wetterverlauf und die ersten Reifeanalysen lassen heuer einen sehr säurereichen Jahrgang erwarten. Das kann durchaus seine Vorteile haben, denn ein hoher Säuregehalt bremst unerwünschte Mikroorganismen in Most und Wein deutlich stärker, als die echte Weinhefe und führt zusätzlich noch zu einer besseren Wirkung von SO2.

Weil in sauren Jahren Jahren die Äpfelsäure meist die Weinsäure überwiegt, halten sich die geschmacklichen Auswirkungen der säurereichen Trauben beim Rotwein einigermaßen in Grenzen. Schließlich wird beim für Blaufränkisch und Co. obligatorischen biologischen Säureabbau Äpfel- in Milchsäure umgewandelt und der Säuregehalt reduziert.

Beim Weißwein hingegen wird die Säure aber heuer wohl nicht selten an oder über die Grenze des von den meisten Menschen als harmonisch empfundenen Geschmacksbildes gehen. Selbst dann, wenn die Trauben richtig reif waren.

Als Kellermeister hat man verschiedene Möglichkeiten darauf zu reagieren, wenn man es für notwendig erachtet:

Maischestandzeit

Läßt man die Trauben nach dem Rebeln bis zur Pressung ein paar Stunden stehen, löst sich der Most aus den Schalen neben Aromastoffen auch sehr viel Kalium. Dieses bildet mit der Weinsäure unlösliche Kristalle und reduziert so den Säuregehalt.

Im Vergleich zu einer raschen Traubenverarbeitung, die zu weniger Weinsteinausfall und mehr Säure im Wein führt, reduziert eine ausgedehnte Maischestandzeit sie Säure stärker. Allerdings ist sie nur bei gesunden, fäulnisfreien Trauben zu empfehlen und bei einer guten Reife, da sonst auch unreif schmeckende Aromen und Bitterstoffe verstärkt in den Wein gelangen. Beides wird heuer wohl nicht immer und überall anzutreffen sein.

Entsäuerung von Most oder Wein

Auch diese Methode beruht auf der mildernden Wirkung eines verstärkten Weinsteinausfalls. Um diesen Anzuregen, und einen Teil der Weinsäure aus Most oder Wein zu holen, kann der Kellermeister Calzium (d.h. Kalk) oder Kalium (in Form von Kaliumhydrogentartrat) verwenden.

Weil es sich dabei um eine simple chemische Reaktion mit dem unproblematischen Abfallprodukt CO2 handelt, beeinträchtigt diese Methode (bei maßvoller Anwendung) die anderen Weinbestandteile nicht. Außerdem kann man in Vorversuchen verschiedene Dosierungen ausprobieren und die Resultate verkosten, bevor man die Entsäuerung tatsächlich durchführt.

Entfernt wird dabei allerdings immer die Weinsäure, obwohl die den kleineren Teil ausmacht und eigentlich den Ruf hat, weniger unreif zu schmecken, als die Äpfelsäure. Nur mit deutlich mehr Aufwand und speziellen Entsäuerungspräparaten ist es auch möglich letztere aus dem Wein zu holen.

Biologischer Säureabbau

Die biologische Säurekorrektur funktioniert natürlich auch beim Weißwein und hat auch dort den Vorteil, dass sie die Weinsäure erhält und nur die Äpfelsäure reduziert. Allerdings ist der Säureabbau deutlich schwieriger als die anderen Methoden, weil er eine längere Lagerung des Weines bei etwas 20°C ohne Oxidationsschutz durch SO2 erfordert.

Außerdem verändert er auch das Aroma des Weines, reduziert die Fruchtigkeit und kann Joghurt-Aromen hinterlassen, was beim Weißwein stärker auffällt, als beim Roten. Dafür verleiht der BSA den Weinen etwas mehr Körper und Mundfülle und läßt sie cremiger erscheinen, was in Jahren wie 2010 sehr vorteilhaft sein kann.

Süßreserve

Der stärkste geschmackliche Gegenspieler von Weinsäure, Äpfelsäure und Co. ist Zucker. Deshalb kann man auch versuchen, den Säuregehalt über einen höheren Restzuckergehalt zu harmonisieren.

Will man dabei im geschmacklich und legistisch trockenen Bereich bleiben, ist es bedeutend einfacher, den Wein zuerst völlig durchgären zu lassen, und danach mittels Süßreserve (sprich: Traubensaft oder Konzentrat) und Vorproben den gewünschten Wert einzustellen.

Aromatische Auswirkungen wie beim Säureabbau sind nicht zu befürchten, und anders als bei der Entsäuerung reduziert man auch nicht den Extraktgehalt des Weines. Trotzdem scheiden sich bei dieser Methode oft die Geister: Was die einen als trocken und harmonisch empfinden, erscheint den anderen unausgewogen und süß-sauer.

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