Dieser Tage haben wir die letzten Flaschen unseres Welschriesling 2005 verkauft, und mit diesem Jahrgang geht auch eine Ära zu Ende. Bereits im Herbst haben wir nämlich die Entscheidung getroffen, keinen Welschriesling mehr als Qualitätswein in Bouteillen abzufüllen.
Hinter dieser Überlegung stecken zumindest zwei Gründe: Zum einen haben wir einen größeren Welschriesling-Weingarten aus Altersgründen gerodet, und damit nur mehr eine relativ kleine Erntemenge dieser Sorte, die wir ohnehin für unseren Landwein in 2l-Flaschen für die Gastronomie benötigen.
Und zum anderen hat es sich in den letzten Jahren gezeigt, daß in unserem Sortiment der Bereich der leichteren, dezent aromatischen Weißweine mit zwei Sorten eindeutig überbesetzt ist.
Nach längerem Nachdenken haben wir uns jetzt für den Grünen Veltliner und gegen den Welschriesling entschieden, auch wenn das für manche auf den ersten Blick verwunderlich erscheinen mag.
Eine Traditionssorte Mittelosteuropas…
Der Welschriesling ist eine typische Rebsorte der Weinbauländer der ehemaligen K.u.K.-Monarchie. Seine späte Reife und sein hohes Säurepotential passen gut ins warme, trockene Klima des pannonischen Raumes.
In Österreich liegt er flächenmäßig hinter dem Grünen Veltliner (36%) gemeinsam mit dem Zweigelt (beide 9%) immerhin auf Platz zwei. Die größte Bedeutung hat er in der Steiermark und im Burgenland. In Niederösterreich wird er vorwiegend als Sektgrundwein verwendet.
In unserem Weingut war der Welschriesling eine Zeit lang sogar die Hauptsorte. Als mein Großvater väterlicherseits gemeinsam mit meinem Vater in den 70ern begann, gegen den allgemeinen Trend trockene Weine für den Offenausschank in der Gastronomie in 2l-Flaschen zu füllen, bevorzugten sie (gegen den Veltliner-Trend) den Welschriesling. Diese Tradition ist uns bis heute erhalten geblieben, auch wenn der Landwein im „Doppler“ im Vergleich zu damals nur noch eine verschwindend geringe Rolle spielt.
Neben dem leichten Landwein kelterten wir spätestens ab 1985 auch einige Jahre lang den besten Qualitätswein unseres Sortiments aus dem Welschriesling. Als Gründungsmitglied der Mörbischer Opernball-Winzer gelang es uns nämlich mit dieser Sorte nicht nur für unseren Betrieb neue qualitative Maßstäbe zu setzen und den elegant-spritzigen, aus Welschriesling gekelterten Opernballwein als Begleiter für eine rauschende Ballnacht zu positionieren.
…mit beschränktem Potential
Im Bereich der edelsüßen Botrytisweine kann der Welschriesling zweifellos zu großer Form auflaufen und Weltklasseweine erbringen. Davon abgesehen, also vor allem im trockenen Bereich, reicht es aber in den allermeisten Fällen nur für die brave Mittelklasse.
Zu dieser Erkenntnis gelangten wir ab Ende der 1980er-Jahre, als die beim Opernballwein bewährten qualitätsverbessernden Maßnahmen (niedrigere Erträge, weniger Trubstoffe bei der Gärung, niedrigere Gärtemperaturen,…) nach und nach auch bei den anderen Weinen unseres Sortiments zum Einsatz kamen.
Vor allem im direkten Vergleich mit dem Pinot blanc und ab 1991 auch mit dem Chardonnay zeigte der Welschriesling bei aller Frische und Lebendigkeit eine deutlich geringere Komplexität und Lagerfähigkeit. Im oberen Reifebereich der Trauben, der für kraftvolle, trockene Weine prädestiniert ist, klafft beim Welschriesling nämlich eine deutliche Lücke.
Darunter wird er zu einem durchaus angenehmen, unkomplizierten Sommerwein, und darüber in manchen Fällen zu grandiosen Süßweinen. In der „Mitte“ aber ist der Welschriesling meist ziemlich belanglos. Es fehlt ihm an aromatischer Präzision und Eleganz, und anstatt ausdrucksstark und nachhaltig wie ein kräftiger Pinot blanc zu sein zeigt er sich aromatisch verhalten, unharmonisch und gelegentlich sogar leicht bitter.
Diese Erkenntnis und die damit verbundenen Schwierigkeiten, den aus Welschriesling gekelterten Opernballwein in unserem Sortiment zu positionieren war mit ein Grund, warum wir 1994 zum letzten Mal einen Opernballwein gekeltert haben. Seither haben wir den Welschriesling neben dem Grünen Veltliner als leichten Einstiegswein in unser Sortiment positioniert, deutlich „unter“ dem Pinot blanc und dem Chardonnay.
Der Gedanke, daß dieser Bereich in einem für kräftigere Weißweine und Rotweine bekannten Gebiet mit zwei Weinen „überbesetzt“ sein könnte kam uns bereits vor einigen Jahren. Während wir damals eher dazu tendierten, den Grünen Veltliner aufzugeben (diese Überlegung jedoch nie in die Tat umgesetzt haben), fiel vergangenen Herbst die endgültige Entscheidung gegen den Welschriesling.
Das Bessere ist der Feind des Guten
Der Veltliner ist meiner Meinung nach einfach die komplettere und ausdrucksstärkere Sorte. Selbst im pannonischen Klima des Burgenlandes erbringt er (richtige Lage und nicht zu späte Ernte vorausgesetzt) für mein Empfinden die besseren Weine. Es liegt nicht nur am hohen Ertragspotential des Veltliners sondern auch an den Qualitäten der Rebsorte, daß sie seit vielen Jahrzehnten auch im Burgenland die Hauptsorte ist und diese Stellung auch in Zeiten des Rotweinbooms behaupten konnte.
Im Vergleich zum Welschriesling (wenn dieser nicht mit Kaltgäraromen aufgepeppt wird) zeigt der Veltliner das spannendere Aroma in der Nase und vor allem auch am Gaumen. Bei zeitgerechter Ernte mangelt es dem Veltliner auch in Trockenjahren nur selten an erfrischender Säure und er reagiert auf übermäßige Hitze nicht so deutlich wie der Welschriesling mit einer vermehrten Einlagerung von Bitterstoffen in der Schale. In feuchten, kühlen Jahren ist er am Gaumen harmonischer als der Welschriesling mit seiner manchmal sehr dominanten, unreif wirkenden Säure.
Im Bereich der leichten Sommerweine haben beide Sorten naturgemäß kein allzugroßes Lagerpotential. Im direkten Vergleich altert der Veltliner aber meist deutlich langsamer und kann seine positiven Eigenschaften länger bewahren.
Während der Welschriesling als spätreifende Sorte auch im milden Klima am Neusiedlersee frühreife, „gute“ Lagen benötigt, die auch für hochwertigere Weine aus Pinot blanc, Chardonnay oder den Rotweinsorten geeignet wären, gefällt es dem Veltliner in den kühleren Lagen besonders gut, die für andere Sorten nicht die allererste Wahl sind.
Der Veltliner ist wegen seiner lockeren Trauben mit dickschaligen Beeren deutlich botrytisfester, was für die Erzeugung von trockenen Weinen in einem ausgewiesenen Botrytisklima einen deutlichen Vorteil darstellt. Vom möglichen Ertragspotential unterscheiden sich die beiden Sorten in der Praxis nur geringfügig.
Alte Vorurteile verlieren an Bedeutung
Natürlich wird der Grüne Veltliner in Österreich vor allem mit den Weinbaugebieten Niederösterreichs assoziiert, was die Vermarktung von Veltlinern aus dem Burgenland nicht gerade erleichtert. Aber trotz dieser alten Vorurteile und dem vergleichsweise nur leisen Auftreten der burgenländischen Sortenvertreter auf dem Markt ist gerade in der letzten Zeit eine deutliche Veränderung in der Wahrnehmung zu spüren.
Anders als vor zwei oder drei Jahren werden burgenländische Veltliner heute von Amateuren wie Profis durchaus ernst genommen und fair bewertet. Das ob der unterschiedlichen Klima- und Bodenbedingungen völlig sinnlose Aneinander-Messen weicht langsam einem nebeneinander und, wie das im Export schon länger der Fall ist, manchmal sogar schon einem gleichberechtigten Miteinander.
Unabhängig von der Herkunft ist Veltliner nämlich „in“, was neben allen sachlichen und persönlichen Gründen natürlich auch ein kleiner Faktor bei unserer Entscheidung war. Auch wenn wir nicht vorhaben, den Grünen Veltliner im Qualitätsweinbereich zu unserer Hauptsorte auszubauen.