Sicher (aber) funktionsuntüchtig

Vorige Woche haben wir eine kleine Teilmenge von Muskat Ottonel und Chardonnay 2006 abgefüllt. Dabei habe ich mich wieder einmal ziemlich über die immer absurder werdenden Sicherheitsvorschriften für Maschinen und Geräte geärgert.

Entweder haben die Bürokraten, die derartiges aushecken keinerlei Ahnung vom Verwendungszweck der Maschinen, die sie mit ihren Vorschriften zwar möglicherweise sicherer, aber auch deutlich teurer und vor allem beinahe funktionsuntüchtig machen. Oder die Sache hat Methode: Schließlich kann ein Gerät, das wegen Untauglichkeit für den Alltagsbetrieb gar nicht erst eingeschaltet wird gar keine Arbeitsunfälle verursachen.

Da in der gemeinsamen Abfüllanlage von etwa 70 Mörbischer Winzern derzeit noch kein automatischer Schraubverschließer integriert ist, sind wir vorläufig auf ein halbautomatisches Leihgerät angewiesen. Schon mit dem Gerät, das wir bisher zur Verfügung hatten waren wir deutlich langsamer, als die Abfüllmaschine, was ein laufendes Unterbrechen des Abfüllvorganges erforderlich macht.

Das neue Leihgerät, das allen Sicherheitsbestimmungen entspricht, schafft aber nur noch halb so viele Flaschen in der Stunde! Während nämlich bei Geräten älterer Bauart die linke Hand schon nach der nächsten Flasche greifen kann (und damit Zeit spart), muß der Anrollvorgang bei der neuen Maschine mit beiden Händen an zwei verschiedenen Knöpfen gleichzeitig ausgelöst werden.

Damit wird sichergestellt, daß beide Hände weit weg vom schnell drehenden Anrollkopf sind (was zweifellos das Unfallrisiko senkt). Und das der Maschinist ob der Langsamkeit bald die Nerven verliert (was die Unfallgefahr wieder erhöht).

Schon seit drei Jahren haben wir unsere neue Traubenverarbeitung in Betrieb. Der erste Handgriff an der neuen Verdrängerpumpe (hier das zweite Foto von oben) war das Abschrauben des vorgeschriebenen Schutzgitters über dem Traubeneinfülltrog.

Es ist einfach ein Ding der Unmöglichkeit, ganze Trauben durch ein Gitter mit Öffnungen von 5 cm zu befördern. Das ist auch dem Verkäufer dieser Pumpen bewußt. Aber ohne Gitter darf er sie laut Vorschrift nicht ausliefern.

Damit man unsere Abbeermaschine (hier der A3-400K) nicht bei eingeschaltetem Motor öffnen und sich an mehr oder weniger schnell drehenden Teilen verletzen kann, müssen einige Sicherheitsschalter eingebaut werden. Die schalten den Motor aus, sobald man die Abdeckhaube entfernt oder den Quetscher vom Rebler trennt.´ 

Leider verhindern sie damit auch eine effektive Reinigung der Maschine, die in geschlossenem Zustand nicht und bei Stillstand nur sehr mühsam möglich ist. Auch hier ist sich der Verkäufer der Problematik bewußt und gibt sogar gute Tipps, wie man die Sicherheitstechnik überlisten kann. Aber er wird sich hüten, selbst daran Hand anzulegen.

Konstruktionstechnische Sicherheitsvorkehrungen sind grundsätzlich eine gute Sache und haben wesentlich zur Senkung der Zahl an Arbeitsunfällen beigetragen. Aber wer meint, damit jegliches Unfallrisiko ausschalten zu können vermittelt ein trügerisches Gefühl der Sicherheit. Manche Tätigkeiten beinhalten einfach ein gewisses Risiko mit dem man verantwortungsvol umgehen muß.

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