(Ab-)gipfeln, Wipfeln oder Entspitzen

Früher oder später werden die Triebe in den meisten Weingärten zu lang für den durch das Erziehungssystem vorgegebenen Platz. Spätestens dann müssen sie maschinell oder von Hand eingekürzt werden, bevor sie der Wind abbricht oder sie sich durch ihr Gewicht nach unten senken und den Blättern und Trauben darunter Schatten machen.

In Weingärten wie den unseren, die eine Drahtrahmenerziehung aufweisen und deren Triebe von Hand (oder auch maschinell) zum Großteil in diesen Drahtrahmen eingestrickt werden, kann das Entspitzen gut maschinell erfolgen (sofern das Gelände es zuläßt).

Laubschneider

Unser Laubschneider funktioniert ähnlich wie das Mähwerk eines Rasenmähers. Die schnell rotierenden Messer schneiden alle Triebe ab, die sich ihnen in den Weg stellen.

Funktionsprinzip Laubschneider

Um trotz dieser unselektiven Funktionsweise qualitätsorientiert mit dem Laubschneider arbeiten zu können muß man mehrere Dinge beachten:

    Die Reben müssen weitgehend in den Drahtrahmen eingestrickt sein und nicht ungeordnet seitlich abstehen oder heraushängen. Damit vermeidet man, daß die unteren Messer des Laubschneiders solche Triebe viel zu kurz abschneiden und konzentriert die Arbeit des Gerätes auf den oberen Querbalken.

    Die Höhe des Laubschnittes richtet sich nach dem Erziehungssystem und den (meist durch den Wind vorgegebenen) statischen Möglichkeiten. Idealerweise erfolgt der erste Laubschnitt etwas niedriger als der zweite, damit man beim zweiten Mal nicht jene jungen, leistungsfähigen Blätter wegschneiden muß, die nach dem ersten Laubschnitt oben (gut besonnt!) gewachsen sind.

    Das Entspitzen der Triebe sollte zum richtigen Zeitpunkt erfolgen. Diesen zu erwischen ist mit dem leitstungsfähigen Laubschneider leichter als mit zeitaufreibender Handarbeit. Sind die Triebe noch nicht lang genug, muß man sie entweder sehr (zu) kurz abschneiden, um den Großteil zu erwischen oder die Arbeit relativ bald wiederholen, um die nachwachsenden ungekürzten Triebe auch einkürzen zu können.

    Trotzdem ist es im Zweifelsfall besser zu früh als zu spät zu arbeiten. Sind die Triebe nämlich zu lang, senken sie sich durch ihr Eigengewicht und werden dann oft nicht mehr vom Laubschneider erfaßt. Außerdem hat der Rebstock zu diesem Zeitpunkt bereits unnötig viel Energie in jene Triebe investiert, die dann weggeschnitten werden.

Beim Wipfeln geht es nämlich nicht darum, möglichst viel wegzuschneiden. Um den gewünschten Effekt zu erreichen genügt es eigentlich schon die Triebspitze (also etwa einen Zentimeter) zu entfernen. Ohne Triebspitze konzentriert die Rebe ihre Wuchskraft nämlich nicht mehr nur auf einen Vegetationspunkt („Spitzenförderung“), sondern verteilt sie auf die Trauben und viele kleine Seitentriebe (die sogenannten Geiztriebe).

Die Geiztriebe wachsen aus den Blattachseln des Haupttriebes und werden im Bereich der Trauben meist händisch entfernt, um mehr Luft und Licht zu den Trauben zu lassen. Im oberen Bereich der Laubwand erfüllen die Geiztriebe aber gerade im qualitätsorientierten Weinbau eine wichtige Funktion.

Während die Blätter des Haupttriebes nämlich zur Reifezeit der Trauben schon relativ alt und nicht mehr besonders leistungsfähig sind, stehen die Blätter der (später gewachsenen) Geiztriebe im August und September am Höhepunkt ihrer Leistungsfähigkeit. Sie produzieren also den Hauptanteil des Zuckers (und aller daraus gebildeter Traubeninhaltsstoffe), der hochreife Trauben von weniger reifen unterscheidet.

Geiztriebe können selbst auch kleine Trauben tragen. Diese entwickeln sich aber naturgemäß später als die „Haupttrauben“ und erreichen daher in den meisten Jahren keine zufriedenstellende Reife.

Idealerweise sieht man gerade beim ersten Laubschnitt den Unterschied zwischen davor und danach erst auf den zweiten Blick (nicht nur wegen der bescheidenen Fotoqualität 😉 ):

Vor dem Laubschnitt

Nach dem ersten Laubschnitt

2 Gedanken zu „(Ab-)gipfeln, Wipfeln oder Entspitzen“

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